Zweiundvierzig deutsche Unternehmen und eine Investoren-Arbeitsgruppe haben sich in einer gemeinsam veröffentlichten Erklärung für ein deutsches Gesetz zu menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten ausgesprochen.
Die Gruppe der Unterstützer reicht von kleinen und mittleren Unternehmen, darunter Start-ups und Handelsgenossenschaften, bis hin zu großen multinationalen Konzernen wie Hapag-Lloyd, Nestlé Deutschland oder Tchibo.
In dem Statement, das vom Business & Human Rights Resource Centre koordiniert wird, legen die Unternehmen dar, dass freiwillige Selbstverpflichtungen bislang leider nicht ausreichend geholfen haben, um Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten in ihren Wertschöpfungsketten zu bewegen. Deswegen bedürfe es einer einheitlichen gesetzlichen Regelung. Verbindliche Sorgfaltspflichten würden einerseits dazu beitragen, negative Auswirkungen deutscher Unternehmen auf Arbeiter*innen und Gemeinschaften weltweit zu verringern; andererseits erhoffen sich die Unterzeichner auch mehr Gerechtigkeit und Verlässlichkeit für die Unternehmen selbst. So würde ein Gesetz sicherstellen, dass für alle Unternehmen der gleiche Standard gilt und keine Firma sich ohne Konsequenzen seiner Verantwortung entziehen kann. Dabei erkennen die Unterzeichner ein nationales Sorgfaltspflichtengesetz explizit als einen wichtigen Wegbereiter für eine europäische Regelung.
Es gibt bereits einige Positionierungen für ein Gesetz
Mit ihren Forderungen schließen die Unterstützer an bereits bestehende Initiativen und Überlegungen an. So veröffentlichte die derzeitige finnische Ratspräsidentschaft in der vergangenen Woche bereits eine "Agenda for Action", in der ebenfalls die Notwendigkeit von EU-Regulierung zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten hervorgehoben wird. Zudem haben mehr als 100 zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften kürzlich die EU aufgefordert, wirksame gesetzliche Regelungen zu menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten zu entwickeln. Auch was die nationale oder regionale Gesetzgebung betrifft, gibt es bereits einige europäische Unternehmen, Wirtschaftsverbände und Investoren, die sich für verbindliche Regelungen positionierten.
In Deutschland setzt sich eine breite zivilgesellschaftliche Koalition für ein nationales Lieferkettengesetz ein. Erst Ende November nahm die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Arbeit und Soziales Kerstin Griese eine Petition der Berliner Unternehmerin Lisa Jaspers entgegen, in der mehr als 150.000 Menschen mit ihren Unterschriften die Bundesregierung auffordern, die unternehmerische Sorgfaltspflicht gesetzlich zu regeln.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales plädiert für einheitliche Regelungen in Europa
Die Bundesregierung wertet derzeit die Angaben einer Unternehmensbefragung aus, die sie im Rahmen des Nationalen Aktionsplan (NAP) initiiert hat. Demnach sollen bis 2020 mindestens die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland mit mehr als 500 Beschäftigten einen effektiven Menschenrechtsschutz eingeführt haben. Wenn sich im Frühjahr 2020 herausstellt, dass weniger als die Hälfte dieser Unternehmen aktiv geworden sind, werde man laut Staatssekretärin Griese gesetzlich aktiv.
Gleichzeitig strebt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) eine einheitliche europäische Lösung an. So will das BMAS die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 dafür nutzen, das Thema weiter voranzutreiben und innerhalb der EU für einen verbindlichen Sorgfaltsstandard zu werben.