Europa

EU Green Deal

Den nachhaltigen Wandel beschleunigen: Aktuelle Entwicklungen um den Green Deal der EU-Kommission

Der Klimawandel, die Umweltverschmutzung und das Artensterben stellen Europa und die Welt vor große Herausforderungen. Die EU hat sich verpflichtet, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, stellte die EU-Kommission im Dezember 2019 unter der Leitung von Ursula von der Leyen den sogenannten Green Deal vor: eine Wachstumsstrategie mit 50 konkreten Maßnahmen, die einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel bewirken sollen. Diese wurden durch Entscheidungen des Europaparlaments im Juni und Juli 2022 sowie durch die Veröffentlichung der Verhandlungs­positionen des Ministerrats im Sommer 2022 weiter geschärft.

Im Folgenden werden die wichtigsten Initiativen, die bislang ergriffen wurden, dargestellt und es wird aufgezeigt, welche konkreten Auswirkungen sich für Unternehmen daraus ergeben:

Verschärftes Klimaziel auf EU-Ebene bis 2030

  • Inhalt: Im April 2021 verkündete die Kommission eine Einigung über das neue europäische Klimagesetz. Demnach sollen die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um "mindestens 55 Prozent" im Vergleich zu 1990 reduziert werden. Außerdem fixiert das Gesetz das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050.
  • Auswirkungen für Unternehmen: Das neue Klimagesetz schafft Sicherheit und langfristige Planbarkeit für in der EU aktive Investor*innen und Unternehmen. Es stellt zudem sicher, dass der Übergang zur Klimaneutralität unumkehrbar ist.
  • Weitere Informationen: Das neue EU-Klimagesetz.

Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft

  • Inhalt: Im März 2020 veröffentlichte die EU-Kommission einen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft, aus dem zahlreiche Gesetzesänderungen für einen geringeren Ressourcenverbrauch und mehr Wiederverwertung hervorgehen werden. Ziel ist, dass nachhaltige Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zur Norm werden und die Verbrauchsmuster so zu verändern, dass weniger Abfall erzeugt wird. Dafür enthält der Aktionsplan mehrere Legislativvorschläge, um Produkte haltbarer und besser reparierbar zu machen sowie gefährliche Chemikalien zu vermeiden und Rechte der Verbraucher*innen zu stärken (u.a. Ökodesign-Verordnung, Right to Repair Richtlinie).
  • Auswirkungen für Unternehmen: Der Aktionsplan konzentriert sich auf die Sektoren, die die meisten Ressourcen verbrauchen und in denen das Potenzial für Kreislaufwirtschaft hoch ist, wie zum Beispiel Elektronik und Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT); Batterien und Fahrzeuge; Verpackung; Kunststoffe; Textilien; Bau und Gebäude; Lebensmittel sowie Wasser und Nährstoffe. Im März 2022 stellte die EU-Kommission die im Aktionsplan angekündigte Textilstrategie vor, die zahlreiche Maßnahmen für einen zirkulären und nachhaltigen Textilsektor bis 2030 vorsieht. Dazu zählen Ökodesign-Vorgaben für langlebige, reparierbare und recycelbare Textilien und die Einführung eines digitalen Produktpasses. 
  • Weitere Informationen: Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft und zur Textilstrategie.

Recht auf Reparatur und umweltfreundliche und kreislauforientierte Produkte

  • Inhalt: Ende März 2022 wurde der Entwurf einer neuen Ökodesign-Verordnung vorgelegt, der die bislang sehr erfolgreiche Ökodesign-Richtlinie ablösen soll. Mit dieser Verordnung sollen nunmehr an alle Produkte mit Hilfe von Produktregelungen Anforderungen an deren Umweltfreundlichkeit gestellt werden können. Die Ökodesign-Richtlinie gilt nur für energieverbrauchsrelevante Produkte. Anforderungen sollen über den gesamten Lebenszyklus u.a. an die Langlebigkeit, Reparierbarkeit, Rezyklierbarkeit und Wiederverwendbarkeit gestellt werden können. Darüber hinaus soll es Regelungen zu einem Vernichtungsverbot und zu einem Digitalen Produktpass geben. Im März 2023 hat die Europäische Kommission darüber hinaus einen Vorschlag vorgelegt, wie ein Recht auf Reparatur von Waren konkret ausgestaltet werden und auf welche Produktgruppen es Anwendung finden könnte – darunter Verbrauchsgüter wie Wasch- und Spülmaschinen, Fernseher, Tablets oder Smartphones). Der Legislativvorschlag wird in einem nächsten Schritt von dem EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten diskutiert.  
  • Auswirkungen für Unternehmen: Durch das „Recht auf Reparatur“ müssen Unternehmen ihre Produkte so gestalten, dass sie länger halten und reparierbar sind. Einzelne Teile müssen ausbaubar und ersetzbar sein. Software-Updates müssen so künftig beispielsweise reversibel sein und dürfen nicht zur Minderung der Leistung von Smartphone führen. Außerdem sieht der Gesetzesvorschlag vor, dass Unternehmen sowohl Reparaturbetrieben als auch Verbraucher*innen kostenlos Zugang zu den erforderlichen Reparatur- und Wartungsinformationen bieten.
  • Weitere Informationen: Recht auf Reparatur

Just Transition Fund

  • Inhalt: Der sogenannte Fonds für einen gerechten Übergang (Just Transition Fund, JTF) soll europäische Regionen, die besonders stark von fossilen Brennstoffen und CO₂-intensiven Industrien abhängig sind, finanziell dabei unterstützen, aus der Förderung und Nutzung von Kohle, Braunkohle, Torf und Ölschiefer schrittweise auszusteigen oder ihre kohlenstoffintensiven Industriezweige zu transformieren. Dafür stehen Finanzmittel in Höhe von 19,2 Milliarden Euro zu aktuellen Preisen zur Verfügung (vgl. 17,5 Milliarden Euro zu Preisen von 2018). Der JTF stellt eine von drei Finanzierungssäulen für einen gerechten Übergang dar.
  • Auswirkungen auf Unternehmen: Durch gezielte Förderung können Unternehmen in diesen Regionen unterstützt werden, innovative und klimafreundliche Technologien und Geschäftsmodelle zu etablieren, Arbeitsplätze zu schaffen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit zu behalten.
  • Weitere Informationen: Aktionsplan zum Just Transition Fund

Strategien zum Naturschutz und zum Wald

  • Inhalt: Die EU-Kommission hat in der Vergangenheit zahlreiche Strategien und Maßnahmen zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in den Mitgliedsstaaten verabschiedet. Dabei sind die Biodiversitäts- und Waldstrategie sowie die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ von besonderer Relevanz. Übergeordnetes Ziel der neuen Biodiversitätsstrategie für 2030 "Mehr Raum für die Natur in unserem Leben" ist es sicherzustellen, dass "sich die biologische Vielfalt in Europa zum Wohle der Menschen, des Planeten, des Klimas und unserer Wirtschaft im Einklang mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und den Zielvorgaben des Übereinkommens von Paris bis 2030 auf dem Weg der Erholung befindet". Um dieses Ziel zu erreichen, legt die Strategie ambitionierte Ziele und zahlreiche Maßnahmen zu deren Umsetzung vor.
    Die neue EU-Waldstrategie für 2030 soll auf der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 aufbauen. Sie hebt die vielfältigen Funktionen der Wälder heraus, unterstreicht aber prioritär das Ziel, die gemeinsamen Klimaschutz- und Biodiversitätsziele zu erreichen. Die Kommission will die Strategie bis 2025 überprüfen. Im Rahmen der Überprüfung sollen einerseits Fortschritte aufgezeigt und bewertet werden. Andererseits sollen Maßnahmen angepasst und/oder ausgebaut werden. Darüber hinaus plant die Kommission, jährlich über den aktuellen Umsetzungsstand zu berichten und den Rat verstärkt in alle weiteren Maßnahmen einzubeziehen.
    Die Strategie "Vom Hof auf den Tisch" zielt darauf ab, das europäische Lebensmittelsystem in verschiedenen Dimensionen nachhaltiger zu gestalten und seine Auswirkungen auf Drittländer zu verringern. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln sowie Antibiotika in der Landwirtschaft soll verringert werden. Darüber hinaus wurde auch die Verordnung über Landnutzung und Forstwirtschaft überarbeitet: Die Kommission strebt dabei einen größeren Beitrag des Landnutzungs-Sektors an.
  • Auswirkungen für Unternehmen: Auf die Unternehmen kommen umfangreiche Umstellungen und Einschränkungen der Bewirtschaftung zu. Die Holzbranche muss mit einer Verknappung des heimischen Holzangebotes aufgrund von Einschränkungen bei der Waldbewirtschaftung rechnen, einhergehend mit der Verteuerung von Rohholz und Holzprodukten. Holzimporte werden sich voraussichtlich steigern. Künftige forstliche Förderangebote werden zunehmend an Umweltleistungen und an die Einhaltung von zusätzlichen Anforderungen bei der Waldbewirtschaftung geknüpft sein.
  • Weitere Informationen:

EU-Lieferkettengesetz (CSDDD)

  • Inhalt: Die Europäische Kommission hat am 23. Februar 2022 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung vorgelegt. Der Entwurf der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) enthält sowohl menschenrechtliche als auch umweltbezogene Sorgfaltspflichten sowie Vorgaben für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung. Ziel ist es, dass Unternehmen in der EU bestimmte Sorgfaltspflichten umsetzen, um negative Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die Menschenrechte und Umwelt in ihren Wertschöpfungsketten innerhalb und außerhalb Europas zu vermeiden. Am 1. Dezember 2022 hat der Rat seine Verhandlungsposition ("allgemeine Ausrichtung") zur Richtlinie festgelegt.
  • Auswirkungen auf Unternehmen: Unternehmen sollen menschenrechtliche und bestimmte umweltbezogene Risiken in ihren Wertschöpfungsketten ermitteln, Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen und darüber berichten. Unternehmen sollen dabei nur das tun, was vor dem Hintergrund der Schwere des Risikos und ihrer individuellen Einflussmöglichkeiten angemessen ist. Die Sorgfaltspflichten beziehen sich sowohl auf die vorgelagerte als auch auf die nachgelagerte Wertschöpfungskette.
  • Der vorliegende Entwurf lehnt sich in wichtigen Punkten eng an das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) an. Er orientiert sich ebenfalls eng an den VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.
  • Nächste Schritte: Der nächste Schritt im Gesetzgebungsverfahren in der EU ist der "Trilog", in dem der Rat mit dem Europäischen Parlament und der Kommission die endgültige Richtlinie aushandelt. Die Verhandlungen beginnen im Frühjahr 2023 mit dem Ziel, noch möglichst im selben Jahr das "EU-Lieferkettengesetz" zu verabschieden. Nach Inkrafttreten müssen die Mitgliedsstaaten die Richtlinie spätestens nach zwei Jahren in nationales Recht umsetzen. Das bedeutet, dass das deutsche Lieferkettengesetz gegebenenfalls an die EU-Richtlinie angepasst werden muss.
  • Weitere Informationen zum EU-Lieferkettengesetz

Überarbeitung der CSR-Berichtspflicht von Unternehmen

  • Inhalt: Am 05. Januar 2023 ist eine neue Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in Kraft getreten, die eine verbindliche und einheitliche Berichterstattung von Unternehmen innerhalb der EU sicherstellen soll. Ziel der sogenannten „Corporate Sustainability Reporting Directive" (CSRD) ist es, öffentlich zugängliche und vergleichbare Informationen über Nachhaltigkeitsaspekte zur Verfügung zu stellen und Finanzströme in nachhaltigere Unternehmen zu lenken. Der Legislativakt sieht einen gestaffelten Anwendungsbeginn in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße vor:
  1. am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnende Geschäftsjahre: Unternehmen, die bereits der „Non Financial Reporting Directive“ (NFRD) unterliegen.
  2. am oder nach dem 1. Januar 2025 beginnende Geschäftsjahre: alle großen Unternehmen, die derzeit nicht der NFRD unterliegen
  3. am oder nach dem 1. Januar 2026 beginnende Geschäftsjahre: kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie nicht-komplexe Kreditinstitute und firmeneigene (Rück-)Versicherungsunternehmen
  4. am oder nach dem 1. Januar 2028 beginnende Geschäftsjahre: Nicht-EU-Unternehmen mit EU-Niederlassung oder EU-Tochterunternehmen von näher bestimmter Größe und insgesamt mehr als 150 Mio. EUR Umsatzerlöse in der EU
  • Auswirkungen für Unternehmen: Mit dem Inkrafttreten der CSRD weitet sich die Berichtspflicht aus. Demnach werden künftig statt der gegenwärtig europaweit rund 11.700 mehr als 49.000 Unternehmen dazu verpflichtet, zu Nachhaltigkeitsaspekten in elektronischer Form in einem gesonderten Abschnitt des Lageberichts darzulegen. In Deutschland bedeutet dies eine Ausweitung von bisher ca. 550 auf ca. 15.000 Unternehmen.
  • Weitere Informationen: Richtlinientext des Europäischen Rats zum Kommissionsentwurf

Maßnahmen zur Förderung des nachhaltigen Finanzwesens

  • Inhalt: Angesichts einer Vielzahl von Kriterien für nachhaltige Geldanlagen soll die Taxonomie ein einheitliches Klassifizierungssystem darstellen, um wirtschaftliche Aktivitäten als nachhaltig einzustufen. Auf diese Weise sollen Transparenz für Investor*innen hergestellt und Greenwashing – also die Einordnung von nicht nachhaltigen Investitionen und Technologien als „grün“ – entgegengewirkt werden.
    Gemäß Taxonomie nach der Taxonomie-VO sind wirtschaftliche Aktivitäten dann nachhaltig, wenn sie mindestens eines der nachfolgenden Klima- oder Umweltziele nachweisbar unterstützen, ohne dabei eines der anderen Ziele zu gefährden ("Do No Significant Harm"-Regel):
    • Klimaschutz
    • Anpassung an den Klimawandel
    • Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
    • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
    • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
    • Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme
  • Darüber hinaus müssen bestimmte soziale Mindestanforderungen erfüllt sein (Befolgung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, sowie der acht ILO-Kernarbeitsnormen). Den einzelnen Umweltzielen sind Überprüfungskriterien zugeordnet, mithilfe derer Investor*innen bewerten können, inwieweit Unternehmen im Einklang mit den Zielen der Taxonomie agieren.
    In der Taxonomie-Verordnung wird die EU-Kommission aufgefordert, die Ausweitung der Taxonomie auf weitere Ziele, einschließlich sozialer Ziele, zu prüfen. Hierzu wurde die von der EU-Kommission einberufene Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen beauftragt, Vorschläge zu unterbreiten. Am 28. Februar 2022 hat die Plattform einen Vorschlag zur Erweiterung der Taxonomie um soziale Ziele („soziale Taxonomie“) veröffentlicht. Dieser wird in die Überlegungen der EU-Kommission zur Weiterentwicklung der Taxonomie einfließen.
  • Auswirkungen für Unternehmen: Um das EU-Klimaziel für 2030 zu erreichen, sind laut Kommission jedes Jahr Investitionen in Höhe von 350 Milliarden Euro erforderlich. Die verstärkte Mobilisierung von privatem Kapital soll dazu beitragen, die Finanzierung der europäischen Klimaziele zu erreichen. Hierfür soll die Taxonomie eine entscheidende Rolle spielen, indem sie für Unternehmen mit besonders nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten den Zugang zu Kapital erleichtert. Die Kriterien der EU-Taxonomie ergänzen insbesondere die EU-Offenlegungs-Verordnung. Diese führt Standards für die Information von Anlegern in Hinblick auf nachhaltige Finanzprodukte ein.
    Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) hat seine Berichtsanforderungen angepasst, sodass Unternehmen künftig gemäß EU-Taxonomie berichten können. Während die Umweltziele 1 (Klimaschutz) und 2 (Anpassung an den Klimawandel) bereits 2021 in Kraft getreten sind, gelten die Offenlegungspflichten für die vier weiteren Umweltziele, sobald die technischen Prüfkriterien vorliegen. Diese Ziele umfassen den nachhaltigen Einsatz und Gebrauch von Wasser oder Meeresressourcen, den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, die Vorbeugung oder Kontrolle von Umweltverschmutzung und den Schutz und die Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen.
  • Weitere Informationen: Strategie- der EU-Kommission für ein nachhaltiges Finanzwesen

(Alle Veröffentlichungen sind derzeit nur in englischer Sprache verfügbar.)

Aktualisierung der EU-Industriestrategie

  • Inhalt: Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hat die Europäische Kommission im Mai 2021 ihre Industriestrategie aktualisiert. Um bei Schlüsseltechnologien und -rohstoffen die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren, Investitionen voranzutreiben und die Kapazitäten wichtiger europäischer Industrien zu stärken, wird die EU zukünftig neue Industrieallianzen gründen, zum Beispiel um Mikroprozessoren und Halbleitertechnologien zu entwickeln. Zudem arbeitet die Kommission an Allianzen zur Produktion von industriellen Daten- und Cloud-Technologien sowie von grünem Wasserstoff. Die aktualisierte Strategie regt darüber hinaus an, handelspolitische Schutzinstrumente zu nutzen und eine CO2-Grenzabgabe für Importe einzuführen. Dadurch sollen im Produktionsland anfallende und im Vergleich zur EU geringere CO2-Kosten ausgeglichen werden, um Wettbewerbsnachteile für die europäische Industrie zu vermeiden. Ein weiteres wichtiges Ziel der überarbeiteten Strategie ist es, die industrielle, technologische und strategische Souveränität zu wahren. Dieses Thema hat angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der Covid-19-Pandemie weiteres Gewicht gewonnen, da Abhängigkeiten von außereuropäischen Lieferanten sichtbar geworden sind.
  • Auswirkungen für Unternehmen: Die aktualisierte Industriestrategie der Kommission gibt Unternehmen in Schlüsselindustrien Planungssicherheit, ihre Klimaziele konsequent zu verfolgen und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben. Besonders KMU sollen beim Zugang zu wichtigen Ressourcen wie Finanzierung, Energie, Rohstoffen oder Fachkräften Förderung erhalten. Die Strategie versucht zudem die Produktion von für die Wirtschaft zentralen Technologien in Europa zu etablieren, um die Widerstandsfähigkeit in zukünftigen Krisen zu erhöhen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups sollen von den neuen Maßnahmen profitieren.
  • Weitere Informationen: Hintergründe zur aktualisierten Industriestrategie 2020

EU-Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel

  • Inhalt: Mit der Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel will die Europäische Kommission Greenwashing bekämpfen. Die EU-Kommission hat eine Änderung der bestehenden Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG) und der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (2011/83/EU) vorgeschlagen. Ziel ist es, Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor falschen Umweltaussagen zu schützen und sie in die Lage zu versetzen, bewusstere Kaufentscheidungen zu treffen und nachhaltiger zu konsumieren.
  • Auswirkungen für Unternehmen: Dafür sollen Herstellerinnen und Hersteller hinsichtlich der Reparaturfähigkeit ihrer Produkte stärker in die Pflicht genommen werden. So sieht der Vorschlag vor, Verbraucherinnen und Verbraucher vor Vertragsschluss für alle Warenarten Informationen zur Reparierbarkeit eines Produkts zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollen Händler Verbraucherinnen und Verbraucher unter gewissen Umständen über Herstellergarantien informieren. Darüber hinaus möchte die EU-Kommission die Vorschriften im Bereich irreführender Umweltaussagen stärken, damit falsche Aussagen einfacher erkannt und sanktioniert werden können. Außerdem greift der Richtlinienvorschlag das Phänomen sogenannter frühzeitiger geplanter Obsoleszenz auf, also die gezielte Verringerung der Produkthaltbarkeit durch Hersteller.
  • Die Richtlinie ist eine Maßnahme aus dem europäischen "Green Deal" und Teil des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft. Aktuell werden nur 12 Prozent der Sekundärstoffe und -ressourcen recycelt, da viele Produkte nicht ohne Weiteres wiederverwendet oder repariert werden können.

    Nachdem der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament ihre Standpunkte im Mai 2023 festgelegt haben, wird für September 2023 ein Kompromiss der Co-Gesetzgeber erwartet.

Als zentrales Maßnahmenbündel zur Konkretisierung des Green Deal hat die Europäische Kommission am 14. Juli 2021 das "Fit for 55"-Maßnahmenpaket präsentiert. Ziel ist, die Politik in den Bereichen Klima, Energie, Landnutzung, Verkehr und Steuern so zu gestalten, dass die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden. Mit dem Plan soll Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt bis 2050 werden.

Konkret gehören zum Paket die folgenden Initiativen:

Die zu den Aktionsplänen und Regulierungen anhängigen Verfahren werden in den kommenden Wochen und Monaten innerhalb des EU-Gesetz­gebungs­verfahrens von den Institutionen parallel diskutiert, verhandelt und schlussendlich verabschiedet.

Weitere Vorschläge, Änderungen sowie Gesetzes­verabschiedungen werden für Mitte 2023 erwartet, nachdem Kommission, Rat und Parlament zum Trilog zusammenkommen. Dabei werden voraussichtlich Vorhaben, wie die Festlegung der Flottengrenzwerte von Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen oder das Recht auf Reparatur auf den Weg gebracht.

In ihrer Rede zur Lage der Union im September 2022 bestärkte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Bedeutung des europäischen Green Deal für ein wirtschaftlich erfolgreiches, unabhängiges und zukunftsfähiges Europa und kündigte weitere Maßnahmen und Initiativen an. Dazu gehören der Ausbau der Wasserstoffproduktion im Rahmen von REPowerEU, die Gründung einer Wasserstoffbank sowie die Intensivierung der Brandbekämpfungskapazitäten.

Stand August 2023. Der Artikel wird fortlaufend um aktuelle, relevante Veröffentlichungen aktualisiert.