Wie kann in einer globalen Wirtschaft Verantwortung und Nachhaltigkeit etabliert werden? Die Antwort darauf bieten internationale Leitlinien, die das Fundament der globalen CSR-Diskussion sind.
Beschaffung, Produktion, Vertrieb – alle Bereiche des wirtschaftlichen Handelns finden in global verflochtenen Strukturen statt und damit oftmals außerhalb des Einflusses rein nationaler Gesetzgebung. Doch wie kann unter diesen Rahmenbedingungen sichergestellt werden, dass der Profit des einen nicht auf dem Schaden des anderen beruht? Hierzu haben internationale Organisationen Leitlinien entwickelt, die global agierenden Unternehmen Orientierung bieten und die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Kriterien sicherstellen sollen.
UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte
Im Zentrum der Diskussion stehen Menschenrechte und die Frage, mit welchem Instrumentarium diese eingehalten werden können. Hier setzen die 2011 vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte an. Sie beruhen auf drei Säulen:
- Staatliche Schutzpflicht
- Unternehmerische Verantwortung
- Zugang zu Abhilfe
Die erste Säule beschreibt die Pflicht der Staaten, aktiv zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen beizutragen, während die zweite Säule die Verantwortung der Unternehmen selbst behandelt.
Die UN-Leitprinzipien bieten erstmals einen internationalen Referenzrahmen für Wirtschaft und Menschenrechte, der die Pflichten und Verantwortlichkeiten von Staaten und Unternehmen klar umschreibt. Danach sind Staaten nach wie vor Pflichtenträger der Menschenrechte. Die staatliche Schutzpflicht kann nicht auf andere gesellschaftliche Akteure übertragen werden. Die UN-Leitprinzipien zeigen auf, wo Regierungen im Hinblick auf wirtschaftliches Handeln ihrer Schutzpflicht besonders nachkommen müssen und in welchen Politikfeldern ein Hebel besteht, um die menschenrechtlichen Standards in globalen Märkten anzuheben.
Gleichzeitig machen die Leitprinzipien deutlich, dass auch Unternehmen eine gesellschaftliche Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte tragen. Ihr Handeln kann sich sowohl positiv als auch negativ auf die Menschenrechte auswirken. Dabei ist das Risiko negativer Auswirkungen besonders hoch, wenn Staaten vor Ort nicht ihrer Schutzpflicht nachkommen und es zu Verletzungen grundlegender Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards kommt. Unternehmen sind daher gehalten, Managementprozesse zu etablieren, damit sie ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht gerecht werden und etwaige Risiken vermeiden, minimieren bzw. ihnen entgegenwirken, wo sie auftreten. Die Elemente dieser Sorgfaltspflicht werden in den UN-Leitprinzipien ausführlich dargestellt und bilden ihren Kern. Staaten sind wiederum gehalten, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Unternehmen dieser Sorgfaltspflicht gerecht werden und sie in die Praxis umsetzen können. Alle Länder, die den UN-Leitprinzipien zugestimmt haben, sind aufgefordert, zu ihrer Umsetzung Nationale Aktionspläne zu erarbeiten. Dabei sollten sie im Sinne der Leitprinzipien eine intelligente Mischung nationaler und internationaler, bindender und freiwilliger Maßnahmen in Erwägung ziehen, um die Achtung der Menschenrechte durch Unternehmen zu fördern.
Die Bundesregierung hat auf Basis der Leitprinzipien einen Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte erarbeitet.
Verantwortungsvolle Unternehmensführung
Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen wiederum bieten einen umfassenden Verhaltenskodex mit dem Ziel, global agierenden Unternehmen Orientierung und Unterstützung im Umgang mit Gewerkschaften, im Umweltschutz, bei der Korruptionsbekämpfung und der Wahrung der Verbraucherinteressen zu bieten. Die Leitsätze enthalten zudem Empfehlungen für Auslandsinvestitionen und die Zusammenarbeit mit ausländischen Zulieferern. Die letzte Aktualisierung im Jahr 2011 ergänzte die Themen Menschenrechte und Sorgfaltspflichten (Verantwortung für das Handeln von Lieferanten und Geschäftspartnern - "Due Diligence").
Die Leitsätze wurden gemeinsam von den OECD-Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit Unternehmen, Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft als Empfehlungen für Unternehmen erarbeitet und basieren auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Die unterzeichnenden Staaten sind jedoch verpflichtet, die Leitsätze - den einzig multilateral vereinbarten und umfassenden Kodex für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln – zu fördern. Umgesetzt wird dies durch Nationale Kontaktstellen (NKS). Die deutsche NKS ist im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in der Abteilung V angesiedelt. Hier finden Sie Informationen zu ihren Aufgaben.
Sozialstandards der ILO
Die 1919 gegründete Internationale Arbeitsorganisation (ILO) verfolgt das Ziel, weltweit geltende soziale Mindeststandards einzuführen. So soll unter anderem verhindert werden, dass Unternehmen sich über die Missachtung von Arbeitnehmerrechten Wettbewerbsvorteile verschaffen.
Das Selbstverständnis und Handeln der ILO basiert auf vier Grundprinzipien:
- Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen
- Beseitigung der Zwangsarbeit
- Abschaffung der Kinderarbeit
- Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf
Diese Grundprinzipien wurden in bis heute acht Übereinkommen, den Kernarbeitsnormen, ausgestaltet. 1998 wurde die "Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit" von allen Mitgliedsstaaten verabschiedet. Diese betont, "dass soziale Gerechtigkeit eine wesentliche Voraussetzung für einen dauerhaften Weltfrieden ist." Bislang haben über 138 ILO-Mitgliedsstaaten alle Kernübereinkommen ratifiziert. Zu ihnen gehört auch Deutschland.
Handlungsgrundlage für die Mitgliedsstaaten ist die Dreigliedrige Grundsatzerklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik. Sie behandelt alle ILO-Richtlinien "zur Stärkung der positiven Auswirkungen der Tätigkeit von multinationalen Unternehmen im sozialen Bereich und auf dem Gebiet der Arbeit" (S. V). Die Grundsätze verstehen sich als Richtlinien sowohl für multinationale Unternehmen, Regierungen sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände. Die Erklärung enthält insgesamt 68 Regeln zu den Themen:
- Beschäftigung
- Ausbildung
- Arbeits- und Lebensbedingungen
- Arbeitsbeziehungen
Hier ist die Grundsatzerklärung in zwölf verschiedenen Sprachen abrufbar.
UN Global Compact
Der UN Global Compact ist ein internationaler Zusammenschluss von Unternehmen, die sich in ihrer Geschäftstätigkeit zu zehn weltweit gültigen Prinzipien in den Bereichen Menschenrechte, Arbeit, Umwelt und Korruptionsbekämpfung verpflichtet haben. Für Unternehmen bedeutet dies u.a. Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte – auch in der Lieferkette – zu übernehmen, Arbeitsnormen in Entwicklungs- und Schwellenländern durchzusetzen, messbare Umweltziele zu verfolgen und die Korruption aktiv zu bekämpfen.
Die zehn Prinzipien des Global Compact leiten sich aus vier zentralen internationalen Abkommen ab: der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit der Internationalen Arbeitsorganisationen (ILO), den Grundsätzen der Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung sowie der UN-Konvention gegen Korruption.
Von der Einhaltung der Grundsätze profitieren neben den Märkten und der Gesellschaft als Ganzes auch die UN Global Compact-Mitglieder – mit ihrer Selbstverpflichtung tragen sie direkt zu einem stabilen Umfeld für ihre Geschäftsaktivitäten bei. Bereits über 17.500 Unternehmen und Organisationen aus Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft in mehr als 170 Ländern sind der Initiative beigetreten, um die Vision einer verantwortungsvollen Unternehmensführung zu verwirklichen. In nationalen Netzwerken tauschen die Mitglieder Erfahrungen aus und entwickeln konkrete Lösungsansätze in Form von Konzepten, Leitfäden und Instrumente für einen Beitrag der Wirtschaft zur nachhaltigen Entwicklung.
Basis für gesellschaftliche Unternehmensverantwortung (CSR)
Es mangelt nicht an Leitlinien und Hilfestellungen zur Orientierung für Unternehmen, die sich darüber informieren möchten, welche Herausforderungen mit dem Thema gesellschaftliche Verantwortung verknüpft sind und welche Erwartungen von Politik und Öffentlichkeit an sie gerichtet werden. Diese reichen von Spezialthemen wie Berichterstattung bis hin zu Leitfäden für einzelne Branchen. Insbesondere Leitlinien, die einen ganzheitlichen CSR-Ansatz verfolgen, wie zum Beispiel die ISO 26000 oder auch der Deutsche Nachhaltigkeitskodex, verweisen auf die hier genannten zentralen und weltweit anerkannten Standards, wenn es um die konkrete Ausgestaltung der zentralen Handlungsfelder geht.