Wie weit die Verantwortung von Unternehmen reicht, kommt auf den jeweiligen Kontext an.
Nach den VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte erstreckt sich die Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte auf die gesamte Einflusssphäre eines Unternehmens. Der NAP erläutert, dass bei der Untersuchung möglicher Risiken unterschieden werden muss zwischen Auswirkungen,
- die direkt vom Unternehmen verursacht werden,
- zu denen das Unternehmen z.B. durch Vertragsbeziehungen mit Lieferanten beiträgt, oder
- mit denen das Unternehmen indirekt aufgrund seiner Geschäftsbeziehungen, seiner Geschäftstätigkeit, seiner Produkte oder Dienstleistungen trotz fehlender direkter Vertragsbeziehungen, z.B. bei einer Vielzahl von Zwischenhändlern, verbunden ist.
Unternehmen müssen zeigen können, dass sie Prozesse implementiert haben, um die mit ihrem Geschäft und ihren Produkten und Dienstleistungen verbundenen Risiken auf allen drei Auswirkungsebenen zu ermitteln und zu minimieren. Schwerpunkt sollte dabei auf wesentlichen Menschenrechtsrisiken für Rechteinhaber*innen liegen, d.h. Menschenrechtsrisiken, die besonders schwerwiegend sind, viele Menschen betreffen oder unumkehrbar sind.
Bei 1 (direkte Verursachung) hat das Unternehmen selbst Abhilfe zu schaffen. Bei 2 wird erwartet, dass es auf seine Zulieferer oder Vertragspartner einwirkt, Risiken zu minimieren, z.B. durch entsprechende Vertragsklauseln, Kontrollen, Trainings etc. Bei 3 (indirekte Beteiligung) soll das Unternehmen ggf. gemeinsam mit weiteren Geschäftspartnern alles in seinem Einflussbereich stehende unternehmen, um Risiken einzudämmen.
In international verflochtenen Geschäftstätigkeiten kann dies eine besondere Herausforderung sein. Unternehmen sollten aber zumindest ihre Risiken kennen, ihre Erwartungen an Geschäftspartner formulieren und deutlich in die Lieferkette kommunizieren. Erforderlich ist auch, dass Unternehmen ihre Einflussmöglichkeiten auf die möglichen Verursacher ermitteln und nachweislich nutzen.
Wenn ein Unternehmen in bestimmten Teilen der Lieferkette einen geringen Einfluss hat, besteht die Möglichkeit, mit weiteren Unternehmen und Branchenvertretern zusammenzuarbeiten, um zur Informationsbeschaffung Ressourcen zu bündeln oder den Einfluss etwa in tieferen Stufen der Lieferkette zu erhöhen.
Wenn keine Möglichkeit der Einflussnahme gesehen wird, sollte das Unternehmen eine bewusste Entscheidung treffen, ob es trotz des menschenrechtlichen Risikos weiter in diesem Geschäftsfeld tätig sein möchte und mit den damit verbundenen Risiken kalkulieren. Das Unternehmen sollte vorrangig Maßnahmen zur Abhilfe (Vermeidung, Minderung und Wiedergutmachung) entwickeln und umsetzen. Der Rückzug aus einem Geschäftsfeld oder einem Standort sollte dabei allenfalls ein letzter Schritt sein.
Weitere Information: CSR-Portal: Dokumentation und Hintergrundpapier zur 3. Branchenübergreifenden NAP-Fachveranstaltung „Kartellrechtliche Fragen bei Branchenkooperationen“ am 28. März 2019 in Berlin