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Originalfassung des NAP

Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte 2016 - 2020

Aufgrund unseres herausragenden Anteils am Globalisierungsprozess kommt den G7-Staaten eine wichtige Rolle bei der Förderung von Arbeitnehmerrechten, guten Arbeitsbedingungen und des Umweltschutzes in globalen Lieferketten zu. Wir streben eine bessere Anwendung international anerkannter Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards, -grundsätze und -verpflichtungen (insbesondere von Übereinkünften der VN, der OECD und der IAO sowie anwendbarer Umweltabkommen) in globalen Lieferketten an. Wir werden hierzu auch andere Staaten, zum Beispiel innerhalb der G20, einbeziehen. Wir unterstützen nachdrücklich die VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und begrüßen die Bestrebungen zur Erstellung substanzieller Nationaler Aktionspläne. In Übereinstimmung mit den VN-Leitprinzipien rufen wir die Privatwirtschaft dringend auf, ihrer Sorgfaltspflicht auf dem Gebiet der Menschenrechte nachzukommen. Wir werden Maßnahmen zur Förderung besserer Arbeitsbedingungen ergreifen, indem wir die Transparenz erhöhen, das Erkennen und die Prävention von Risiken fördern und Beschwerdemechanismen stärken. Wir erkennen die gemeinsame Verantwortung von Regierungen und Wirtschaft an, nachhaltige Lieferketten zu fördern und gute Beispiele zu unterstützen. (…) Um sichere und nachhaltige Lieferketten zu fördern, werden wir kleine und mittlere Unternehmen bei der Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von Sorgfaltspflicht und eines verantwortungsvollen Lieferkettenmanagements verstärkt unterstützen.

Einleitung

Die verantwortungsvolle Gestaltung einer nachhaltigen und erfolgreichen Weltwirtschaft ist für Deutschland von besonderer Bedeutung. Wenige Staaten sind wirtschaftlich so stark international verflochten wie die Bundesrepublik Deutschland. Deutsche Unternehmen leisten weltweit einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Anhebung von Umwelt- und Sozialstandards. Die Marke "Made in Germany" steht für hohe Qualität und Zuverlässigkeit. Die zunehmende Vernetzung deutscher Unternehmen in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten bietet dabei Chancen und Herausforderungen zugleich: neue Märkte und Produktionsstätten werden erschlossen und so Arbeitsplätze und Wohlstand geschaffen. Dabei können aber auch Risiken durch Intransparenz und die oft mangelhafte Durchsetzung von Menschenrechten, Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten global agierender Unternehmen entstehen. Dies gilt insbesondere für die Produktion in Entwicklungs- und Schwellenländern, aber auch in Deutschland.

Die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland enthält eine Vielzahl von Normen, die den Schutz der Menschenrechte zum zentralen Inhalt haben. Sie sind für alle Unternehmen verbindlich. Soweit die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens internationale Bezüge hat, sollten darüber hinaus Verfahren zur Ermittlung tatsächlicher oder potenziell nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte von der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens betroffener Personen entwickelt und implementiert werden.

Die im Juni 2011 im Konsens durch den VN-Menschenrechtsrat verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte setzen an dieser Stelle an und bieten erstmals einen internationalen Referenzrahmen für Wirtschaft und Menschenrechte, der mit seinem Drei-Säulen-Modell aus "Schutz, Achtung und Abhilfe" Pflichten und Verantwortlichkeiten aller Akteure klar umschreibt. Zentral ist dabei die Darstellung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten von Unternehmen.

Was sind die VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte?

Im Juni 2011 verabschiedete der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Konsens die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Damit endete ein mehrjähriger Forschungs- und Konsultationsprozess, der durch den VN-Sonderbeauftragten Prof. John Ruggie geleitet und durch die Bundesregierung aktiv unterstützt wurde. Diese Leitprinzipien basieren auf drei Säulen:

  1. Pflicht des Staates zum Schutz der Menschenrechte
  2. Verantwortung des Unternehmens zur Achtung der Menschenrechte
  3. Zugang zu Abhilfe

Diese von Ruggie erstmals beschriebenen Säulen wurden mit 31 handlungsleitenden Prinzipien unterlegt. Als Bezugsrahmen haben sich die VN-Leitprinzipien in der Arbeit vieler internationaler Organisationen zu Wirtschaft und Menschenrechten fest etabliert (z.B. OECD, IFC, EU etc.). Sie schaffen keine neuen Menschenrechtsstandards und beinhalten keine zusätzlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen, sondern nehmen Bezug auf bestehende, verbindliche und unverbindliche Menschenrechtsinstrumente. Pflichtenträger der Menschenrechte sind nach wie vor die Staaten.

Ziele des Nationalen Aktionsplans

Der weltweite Schutz und die Förderung der Menschenrechte sind für die Bundesregierung von hoher Bedeutung. In ihrer Mitteilung Eine neue EU-Strategie (2011-14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR) von 2011 hat die EU-Kommission alle Mitgliedsstaaten aufgefordert, Nationale Aktionspläne zur Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zu entwickeln. Die Bundesregierung hat sich mit dem Koalitionsvertrag von 2013 zur Umsetzung der VN-Leitprinzipien in Deutschland bekannt. Mit dem vorliegenden Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) möchte sie einen Beitrag leisten, die weltweite Menschenrechtslage zu verbessern und die Globalisierung mit Blick auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sozial zu gestalten.

Der NAP soll dazu dienen,

  • die VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte für alle Akteure praktisch anwendbar zu machen,
  • Pflichten bzw. Verantwortlichkeiten für Staat und Wirtschaft aufzuzeigen,
  • Politikkohärenz zu gewährleisten und
  • sicherzustellen, dass die deutsche Wirtschaft zukunfts- und wettbewerbsfähig bleibt.

Im Sinne dieser Ziele soll der vorliegende Aktionsplan einen Prozess anstoßen, der eine Orientierung für die praktische Umsetzung der Leitprinzipien gibt. Er zielt darauf ab, die Kräfte der verschiedenen Akteure aus Staat, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Gewerkschaften zu bündeln und damit insbesondere einen aktiven Beitrag zur Verbesserung der menschenrechtlichen Lage entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten in Deutschland und weltweit zu leisten. Durch verlässliche Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen möchte die Bundesregierung so auf faire, globale Wettbewerbsbedingungen (Level-Playing-Field) hinwirken und den mit dem G7-Beschluss der Staats- und Regierungschefs zu nachhaltigen Lieferketten 2015 angestoßenen Prozess fortsetzen. Ein gemeinsames Verständnis von Sorgfaltspflichten aller Akteure weltweit, wie sie in den VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte beschrieben werden, ist hierfür unerlässlich.

Staatliche Pflicht und gesellschaftliche Verantwortung zum Schutz der Menschenrechte

Mit dem Konzept dreier Säulen schaffen die VN-Leitprinzipien eine Anleitung zur Bestandsaufnahme auf Seiten der Staaten und beschreiben zugleich Pflichten bzw. Verantwortlichkeiten von Staaten und Wirtschaftsunternehmen. Sie schaffen keine neuen Menschenrechtsstandards und beinhalten keine zusätzlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen, sondern nehmen Bezug auf bestehende verbindliche und unverbindliche Menschenrechtsinstrumente:

Verantwortlich für den Schutz der Menschenrechte sind die Staaten. Diese staatliche Schutzpflicht kann nicht auf andere gesellschaftliche Akteure übertragen werden. Die VN-Leitprinzipien zeigen auf, wo der Staat im Hinblick auf wirtschaftliches Handeln seiner Schutzpflicht besonders nachkommen muss und in welchen Politikfeldern ein Hebel zur Anhebung menschenrechtlicher Standards in den globalen Märkten besteht.

Gleichzeitig machen die Leitprinzipien deutlich, dass auch Unternehmen eine gesellschaftliche Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte zukommt. Ihr Handeln kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Menschenrechte haben, wobei das Risiko negativer Auswirkungen besonders groß ist, wenn Staaten vor Ort ihrer Schutzpflicht nicht nachkommen. Unternehmen sollen daher Prozesse menschenrechtlicher Sorgfalt etablieren, um negative Auswirkungen auf die Menschenrechte zu vermeiden, zu verringern oder auszugleichen. Auch positive Auswirkungen unternehmerischen Handelns im Sinne von "best practices" sollten dabei berücksichtigt werden. Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, insbesondere Kapitel IV (Menschenrechte) nehmen Bezug auf die VN-Leitprinzipien.

Staaten müssen zudem sicherstellen, dass Betroffene von nachteiligen menschenrechtlichen Auswirkungen Zugang zu staatlichen und, wo nötig, nicht-staatlichen Beschwerdemechanismen und Wiedergutmachung haben. Unternehmen müssen sich an staatlichen Instrumenten und sollten sich an nicht-staatlichen Beschwerdemechanismen aktiv beteiligen. Wo diese fehlen, sollten Unternehmen nicht-staatliche Beschwerdemechanismen selbst einrichten.

Struktur des Dokuments

Zur Erarbeitung des NAP haben sich die beteiligten Bundesministerien (vgl. Kapitel II) unter aktiver Mitwirkung aller relevanten gesellschaftlichen Gruppen einem knapp zweijährigen Konsultationsprozess unterzogen (vgl. Kapitel II). Das vorliegende Dokument greift die in diesem Prozess identifizierten Schwerpunktthemen auf und setzt den Wunsch der Verfahrensbeteiligten um, eine klare Erwartungshaltung der Bundesregierung an das Verhalten deutscher Unternehmen zu kommunizieren. Diese wird in Kapitel III beschrieben und schafft eine prozesshafte Verbindlichkeit. Die dort enthaltenen Ausführungen werden im Folgenden spezifiziert und mit entsprechenden Maßnahmen unterschiedlicher Verbindlichkeit unterlegt. Dieser Prozess kann einen sektorbezogenen Charakter annehmen. Die Kapitel IV und V gehen auf die hierzu identifizierten Handlungsfelder ein, indem diese kurz beschrieben, der Status Quo dargestellt sowie geplante Maßnahmen der Bundesregierung festgeschrieben werden. Kapitel VI beschreibt den mit der Verabschiedung des NAP geplanten Monitoringprozess.

Der Prozess zur Erstellung des Aktionsplans

Das Auswärtige Amt (AA) hat 2014 die Federführung für die Erstellung des NAP übernommen. Dabei waren das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV), das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) aktiv beteiligt. Der Erarbeitungsprozess orientierte sich an internationalen Empfehlungen, insbesondere des VN-Hochkommissariats für Menschenrechte.

Ende 2014 wurde eine Steuerungsgruppe einberufen. In dieser waren, neben den o.g. sechs Ministerien, drei Vertreter der Wirtschaftsverbände (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Bundesverband der Deutschen Industrie und Deutscher Industrie- und Handelskammertag), zwei Vertreter von Verbänden der Nichtregierungsorganisationen (Forum Menschenrechte und Verband Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen), ein Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sowie zwei beratende Mitglieder (Deutsches Institut für Menschenrechte (DIMR) und econsense) vertreten. Für die Konsultation der Expertinnen und Experten sowie die Einbeziehung der Öffentlichkeit wurden zwei Formate geschaffen: Plenumskonferenzen und Anhörungen. Beide Formate wurden von den Mitgliedern der Steuerungsgruppe maßgeblich mitgestaltet. Ad-hoc wurden zur Planung der Veranstaltungen weitere Expertinnen und Experten hinzugezogen. Zur Bekanntmachung des Verfahrens wurde ein Prozessdokument veröffentlicht und eine Informationsseite zur Dokumentation auf www.diplo.de eingerichtet.

Die erste Plenumskonferenz im November 2014 im AA diente der Identifikation von Schwerpunktthemen, die im Konsens der Teilnehmenden aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und Bundesministerien vereinbart wurden. Zu diesen Themen wurden Themenpaten aus der Steuerungsgruppe ernannt. Im Mai 2015 legte das DIMR, auf der Basis von Experteninterviews mit den unterschiedlichen Gruppen von Verfahrensbeteiligten, ein sogenanntes "National Baseline Assessment" (Status-Quo-Bericht) vor. Die Bestandsaufnahme wurde in einer zweiten Plenumskonferenz, durchgeführt vom BMAS und AA, im Mai 2015 mit der interessierten Öffentlichkeit diskutiert. An insgesamt zwölf Anhörungen zu den Schwerpunktthemen, die zwischen April und November 2015 stattfanden, nahmen jeweils rund 40 Expertinnen und Experten teil. Die Anhörungen wurden mit einer dritten Plenumskonferenz, veranstaltet von BMZ und AA, im Dezember 2015 zusammengeführt, und die Konsultationsphase damit abgeschlossen. Nach einer Abstimmungsphase mit den übrigen Bundesministerien wurde das Dokument im Dezember 2016 dem Bundeskabinett vorgelegt.

Erwartungshaltung der Bundesregierung an die unternehmerische Sorgfalt in der Achtung der Menschenrechte

Die Bundesregierung erwartet von allen Unternehmen, den im Weiteren beschriebenen Prozess der unternehmerischen Sorgfalt mit Bezug auf die Achtung der Menschenrechte in einer ihrer Größe, Branche und Position in der Liefer- und Wertschöpfungskette angemessenen Weise einzuführen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie in Ländern tätig sind, in denen rechtsstaatliche Grundsätze nicht oder nur unzureichend durchgesetzt werden. Unberührt davon bleibt die originäre Pflicht eines Staates, in seinem Hoheitsgebiet den Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten.

Die Verantwortung von Wirtschaftsunternehmen zur Achtung der Menschenrechte obliegt allen Unternehmen unabhängig von ihrer Größe, dem Sektor, ihrem operativen Umfeld, ihren Eigentumsverhältnissen und ihrer Struktur. Umfang und Komplexität der Maßnahmen, durch die Unternehmen ihrer Verantwortung nachkommen, können jedoch nach Maßgabe dieser Faktoren und der Schwere ihrer nachteiligen menschenrechtlichen Auswirkungen variieren.

Umfang und praktische Ausgestaltung der Sorgfaltspflicht auf dem Gebiet der Menschenrechte

Grundsätzlich obliegt diese Verantwortung allen Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe, Branche oder ihrem operativen Umfeld in einer Liefer- oder Wertschöpfungskette mit internationalen Bezügen. Die Ausgestaltung und Umsetzung der jeweiligen Sorgfaltspflichten sollte in Bezug auf diese Kriterien angemessen in bestehende Unternehmensprozesse integrierbar sein und keine unverhältnismäßigen bürokratischen Belastungen verursachen.

Unternehmen sollen bei ihrer Geschäftstätigkeit nachteilige menschenrechtliche Auswirkungen verhüten und mildern. Bei der Gestaltung und Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfalt sollten die positiven Auswirkungen unternehmerischen Handelns, die unterschiedlichen Perspektiven der eigenen Beschäftigten, der relevanten Stakeholder sowie möglicher weiterer Betroffener einbezogen werden. Hierzu gehören innerhalb von großen Unternehmen etwa die Abteilungen Personal, Einkauf, Compliance und Vertrieb. Im Umfeld des jeweiligen Unternehmens sollten Lieferanten, Kunden, Gewerkschaften, aber auch zivilgesellschaftliche Organisationen, Wirtschaftsverbände und Regierungen einbezogen werden. Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Rechte der jeweiligen Beschäftigten sowie möglicher betroffener Anwohnerinnen und Anwohner gelegt werden.

Je nach Größe des Unternehmens, der Art des Produktes oder der Dienstleistung, dem potenziellen Risiko menschenrechtlich besonders nachteiliger Auswirkungen sowie dem Kontext der Geschäftstätigkeit sollten die zu ergreifenden Maßnahmen von unterschiedlicher Tragweite sein. Es kann sich anbieten, gewisse Elemente des Prozesses im Zusammenschluss mit anderen Unternehmen auf Verbands- oder Branchenebene durchzuführen, sofern kartellrechtliche Vorgaben entsprechend Beachtung finden. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sollten die Beratungs- und Unterstützungsangebote seitens der Bundesregierung und der Verbände nutzen, die im Zuge dieses NAP geplant sind. Es sollte zudem auf die Expertise von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Gewerkschaften zurückgegriffen werden.

Die im Folgenden verbindlich beschriebenen Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt sind nicht als starre Abfolge zu verstehen. Vielmehr sollten Einzelergebnisse immer wieder zur Überarbeitung und Weiterentwicklung der anderen Elemente genutzt werden, sodass Lernprozesse ermöglicht werden. Bereits geltende und zukünftige gesetzliche Anforderungen an die menschenrechtliche Sorgfalt müssen einbezogen werden können.

Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht

  • Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte
  • Verfahren zur Ermittlung tatsächlicher und potenziell nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte
  • Maßnahmen zur Abwendung potenziell negativer Auswirkungen und Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen
  • Berichterstattung
  • Beschwerdemechanismus

Grundsatzerklärung

Mit Hilfe einer Grundsatzerklärung sollten Unternehmen öffentlich zum Ausdruck bringen, dass sie ihrer Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte nachkommen. Diese Erklärung sollte von der Unternehmensleitung verabschiedet und intern wie extern kommuniziert werden. Sie sollte zum einen dazu genutzt werden, für das Unternehmen und/oder die Branche besonders relevante Menschenrechtsthemen unter Bezugnahme auf internationale menschenrechtliche Referenzinstrumente zu behandeln und zum anderen das Verfahren beschreiben, mit dem das Unternehmen seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommt. Dazu gehört insbesondere die Festlegung klarer Verantwortlichkeiten im Unternehmen. Dies sollte durch notwendige Schulungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den entsprechenden Geschäftsbereichen tätig sind, untermauert werden. Die Erklärung sollte kontinuierlich weiterentwickelt werden.

Verfahren zur Ermittlung tatsächlicher und potenziell nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte

Im Kern der Sorgfaltspflichten steht die Einrichtung eines Verfahrens, das dazu dient, potenziell nachteilige Auswirkungen unternehmerischen Handelns auf die Menschenrechte zu ermitteln, zu verhüten oder zu mindern. Es geht hierbei nicht (nur) um die Betrachtung von Risiken für die eigene Geschäftstätigkeit, sondern insbesondere um menschenrechtliche Risiken für potenziell Betroffene des unternehmerischen Handelns (Beschäftigte im eigenen Betrieb, in der Lieferkette, Anwohner, Kunden etc.).

Die Betrachtung potenziell nachteiliger menschenrechtlicher Auswirkungen ist eine kontinuierliche, prozessbegleitende und insbesondere auch sektorbezogene Aufgabe und sollte sowohl bei der Lancierung neuer Geschäftsbereiche, Produkte oder Projekte, als auch in bereits bestehenden Geschäftstätigkeiten erfolgen. Bei der Untersuchung möglicher Risiken muss unterschieden werden zwischen Auswirkungen,

  • welche direkt vom Unternehmen verursacht werden,
  • zu welchen das Unternehmen z.B. durch direkte Vertragsbeziehungen mit Lieferanten beiträgt, oder
  • mit welchen das Unternehmen indirekt aufgrund seiner Geschäftsbeziehungen, seiner Geschäftstätigkeit, seiner Produkte oder Dienstleistungen trotz fehlender direkter Vertragsbeziehungen, z.B. bei einer Vielzahl von Zwischenhändlern, verbunden ist. Die Gewährung von Krediten, die Einräumung von Kreditlinien und andere Finanzdienstleistungen gegenüber anderen Banken, Versicherern bzw. sonstigen Finanzdienstleistern alleine begründen keine Beziehung im Sinne von Satz 1, wenn der realwirtschaftliche Bezug nicht eindeutig einer bestimmten Geschäftstätigkeit zugeordnet werden kann.

Diese systematische Vorgehensweise bei der Ermittlung der wesentlichen Aspekte und Risiken stellt kein Novum dar und ist in etablierten Managementsystemen und -prozessen bereits verankert (zum Beispiel in Anhang I der europäischen EMAS-Verordnung 1221/2009 über den freiwilligen betrieblichen Umweltschutz, der die unternehmensinterne Umweltprüfung/Bestandsaufnahme darstellt).

Die Größe des Unternehmens, die Branchenzugehörigkeit und die Art der Geschäftstätigkeit haben unmittelbaren Einfluss auf das Risiko menschenrechtlicher Auswirkungen. Die notwendige Tiefe und Breite der Risikoprüfung hängt von diesen Faktoren ab. Eine erste Risikoanalyse des Unternehmens sollte nach Geschäftsfeldern, Produkten oder auch Standorten erfolgen. Ausgangspunkt kann eine einfache Übersicht über die wichtigsten Aktivitäten des Unternehmens und der dafür notwendigen Wertschöpfungsketten und Geschäftsbeziehungen sein. Anhand dieser Übersicht lassen sich, unter Berücksichtigung der internationalen Menschenrechtsstandards (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, VN-Menschenrechtspakte, ILO-Kernarbeitsnormen, OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen u.Ä.), mögliche Risikofelder identifizieren. Kontextabhängige Faktoren, wie die politischen Rahmenbedingungen oder vulnerable Personengruppen (z.B. indigene Bevölkerung), sollten in die Analyse einbezogen werden. Die Auswahl der Methode sowie die Bewertung der Risiken können u.a. durch eigene Dokumentenrecherche, Gespräche im eigenen Betrieb, in Tochterunternehmen, bei Geschäftspartnern und durch die Einbindung externen Fachwissens erfolgen.

Mit Hilfe der Analyse gilt es zu identifizieren, ob eine vertiefte Prüfung notwendig ist. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn das Risiko negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte bestimmter Gruppen besonders hoch ist und umfassendere Informationen notwendig sind, um Maßnahmen ergreifen zu können. Für die erkannten Problemfelder sollte daher eine Priorisierung vorgenommen werden.

Das Risiko besonders negativer Auswirkungen besteht z.B. in solchen Fällen, in denen es eine Vielzahl potenziell Betroffener gibt und/oder die möglichen Auswirkungen schwerwiegende, nicht abschätzbare bzw. unumkehrbare Folgen hätten. Teil der vertieften Prüfung sollte mindestens der Dialog vor Ort mit (potenziell) Betroffenen und die Einbindung internen wie externen Fachwissens auf dem Gebiet der Menschenrechte sein.

Maßnahmen und Wirksamkeitskontrolle

Basierend auf den Ergebnissen der Analyse sollten Maßnahmen identifiziert und in die Geschäftstätigkeit integriert werden. Hierzu kann z.B. gehören: spezialisierte Schulung bestimmter Beschäftigter im Unternehmen oder bei Lieferanten; Anpassung bestimmter Managementprozesse; Veränderungen in der Lieferkette; Beitritt zu Brancheninitiativen. Um den potenziellen oder tatsächlichen Auswirkungen angemessen zu begegnen, sollten klare Zuständigkeiten mit entsprechenden Überprüfungsmechanismen für das Thema im Unternehmen zugewiesen werden. Je nach Art der Auswirkungen kann das Unternehmen selbst Abhilfemaßnahmen einleiten. Verfügt das Unternehmen nicht über ausreichendes Einflussvermögen, erfolgreiche Maßnahmen durchzuführen, sollte es mit anderen Akteuren zusammenarbeiten, um seinen Einfluss zu erhöhen. Der Rückzug aus einem Geschäftsfeld oder einem Standort sollte dabei allenfalls ein letzter Schritt sein. Das Unternehmen sollte vorrangig Maßnahmen zur Abhilfe entwickeln und umsetzen. Hierfür sollten Ziele formuliert und, je nach Maßnahme, intern und extern kommuniziert werden. Mit Hilfe einer Wirksamkeitskontrolle sollte das Unternehmen den Erfolg der ergriffenen Maßnahmen regelmäßig überprüfen und mit Betroffenen hierzu in einen Dialog eintreten.

Berichterstattung

Unternehmen sollten Informationen bereithalten und ggf. extern kommunizieren, um darzulegen, dass sie die tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen ihres unternehmerischen Handelns auf die Menschenrechte kennen und diesen in geeigneter Weise begegnen. Diese Informationen sollten in ihrer Form adressatengerecht sein. Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit ein besonders hohes Risiko negativer Auswirkungen birgt, sollten regelmäßig gegenüber der Öffentlichkeit darüber berichten. Für eine solche Berichterstattung können sowohl bestehende Berichtsformate des Unternehmens als auch ein eigenständiges menschenrechtsbezogenes Format genutzt werden. Dabei sollen die Berichtspflichten nicht zu unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand für die KMU in den Lieferketten oder berichtspflichtigen Gesellschaften führen.

Beschwerdemechanismus

Zur frühzeitigen Identifikation von (tatsächlich oder potenziell) nachteiligen Auswirkungen sollten Unternehmen entweder selbst Beschwerdeverfahren einrichten oder sich aktiv an externen Verfahren beteiligen. Letztere können beispielsweise auf Verbandsebene eingerichtet werden. Je nach Zielgruppe sollte der Mechanismus unterschiedlich strukturiert werden. Die Zielgruppe sollte daher bei der Gestaltung des Verfahrens konsultiert werden. Bei der Einrichtung neuer ebenso wie bei der Nutzung bestehender Mechanismen sollte darauf geachtet werden, dass diese ein faires, ausgewogenes und berechenbares Verfahren sicherstellen, das für alle potenziell Betroffenen zugänglich ist (z.B. durch den Abbau von sprachlichen oder technischen Barrieren). Ergänzend sollte die Einrichtung anonymer Beschwerdestellen in Betracht gezogen werden. Das Verfahren sollte so viel Transparenz wie möglich gegenüber den beteiligten Parteien ermöglichen und im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards stehen. Bereits bestehende Beschwerdestellen im Unternehmen oder dessen Umfeld sollten auf ihre Konformität hinsichtlich dieser beschriebenen Kriterien überprüft werden.

Der Beschwerdemechanismus und der gesamte Sorgfaltsprozess des Unternehmens sollten regelmäßig praxisnah auf ihre Effektivität hin überprüft werden.

Maßnahmen

  • Die Bundesregierung erwartet von allen Unternehmen, die oben beschriebenen Prozesse in einer ihrer Größe, Branche und Position in der Liefer- und Wertschöpfungskette angemessenen Weise einzuführen. Die Umsetzung hiervon wird ab 2018 jährlich überprüft. Sofern keine ausreichende Umsetzung erfolgt, wird die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen und zur Erweiterung des Kreises der zu erfassenden Unternehmen prüfen (vgl. Kapitel VI).
  • Das Nationale CSR-Forum der Bundesregierung aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Zivilgesellschaft und Wissenschaft hat am 25. Juni 2018 einen branchenübergreifenden CSR-Konsens zur Unternehmensverantwortung in Wertschöpfungs- und Lieferketten verabschiedet. Ein Element ist dabei auch die Erwartung an ein verantwortliches Management der in Kapitel III beschriebenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten. Alle in Deutschland tätigen Unternehmen haben die Möglichkeit, dem "CSR-Konsens" beizutreten. Eine Liste aller beigetretenen Unternehmen wird fortlaufend aktualisiert und auf www.csr-in-deutschland.de öffentlich zugänglich gemacht.
  • Ziel ist es, dass mindestens 50% aller in Deutschland ansässigen Unternehmen mit über 500 Beschäftigten bis 2020 die in Kapitel III beschriebenen Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt in ihre Unternehmensprozesse integriert haben. Hierzu gehört auch, dass die Unternehmen, wenn sie bestimmte Verfahren und Maßnahmen nicht umsetzen, darlegen können, warum dies nicht geschehen ist ("Comply or Explain"-Mechanismus). Sofern weniger als 50% der zuvor genannten Unternehmen bis 2020 die in Kapitel III beschriebenen Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt in ihre Unternehmensprozesse integriert haben und daher keine ausreichende Umsetzung erfolgt ist, wird die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen prüfen.
    In dem Zusammenhang wird die Bundesregierung auch die Notwendigkeit des mit diesem Aktionsplan verbundenen Aufwands für Unternehmen – unter Einbeziehung des Nationalen Normenkontrollrats – sowie eine Erweiterung des Kreises der zu erfassenden Unternehmen prüfen, um für zukünftige Evaluierungen und daraus folgende weitere Maßnahmen ggf. auch Unternehmen mit geringerer Mitarbeiterzahl zu erfassen.

Handlungsfelder

Die folgenden Kapitel gehen auf Handlungsfelder ein, die sich aus Sicht aller am Prozess beteiligten Stakeholder aus den Leitprinzipien für die Bundesregierung, Unternehmen sowie Zivilgesellschaft und Gewerkschaften ergeben. Entlang der drei Säulen der VN-Leitprinzipien bestehen diese primär

  • an der Schnittstelle zwischen staatlichem Handeln und unternehmerischen Aktivitäten,
  • bei der effektiven Ausübung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten durch Unternehmen
  • sowie beim Zugang zu Beschwerde und Abhilfemechanismen

Ergebnis des Dialog- und Konsultationsprozesses zu diesem Aktionsplan war es, dass je nach Handlungsfeld für die weitere Umsetzung der VN-Leitprinzipien Maßnahmen mit unterschiedlichem Grad an Verbindlichkeit erforderlich sind. Ergänzend zu diesen Maßnahmen sollen Anreize und Unterstützungsangebote geschaffen werden, die allen Beteiligten, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen, eine erfolgreiche Umsetzung ermöglichen.

1. Die staatliche Schutzpflicht

Staaten müssen den Schutz vor Menschenrechtsverletzungen gewähren, die in ihrem Hoheitsgebiet und/oder ihrer Jurisdiktion von Dritten, einschließlich Wirtschaftsunternehmen verübt werden. (…)

Zur Wahrnehmung ihrer Schutzpflicht sollten Staaten:
(a) Rechtsvorschriften durchsetzen, deren Ziel oder Wirkung darin besteht, von Wirtschaftsunternehmen die Achtung der Menschenrechte einzufordern, und in regelmäßigen Abständen die Hinlänglichkeit dieser Rechtsvorschriften zu bewerten und etwaige Lücken zu schließen (…)

Die Bundesregierung berücksichtigt den Schutz der Menschenrechte im Wirtschaftskontext besonders dann, wenn

  1. sie selbst wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen gestaltet,
  2. Unternehmen von ihr beauftragt werden,
  3. Unternehmen von ihr gefördert oder begünstigt werden
  4. oder Unternehmen sich in staatlichem Eigentum befinden.

1.1 Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen

Schutzpflichten im eigenen Hoheitsgebiet - Herausforderungen in Deutschland

Das Grundgesetz und internationale sowie regionale Menschenrechtskonventionen verpflichten die Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung in Deutschland zu Achtung, Schutz und Gewährleistung der Grund- und Menschenrechte. Dementsprechend ist der allgemeine Schutzstand der Menschenrechte im einfachen Recht – so auch in den hier relevanten Bereichen Arbeits-, Sozial-, Wirtschafts-, Gesellschafts- und Zivilrecht – in Deutschland sehr gut ausgeprägt. Deutschland hat die meisten internationalen Menschenrechtsinstrumente ohne Vorbehalte ratifiziert und verfügt zudem mit dem DIMR über eine unabhängige Menschenrechtsinstitution. Zu den zentralen Aufgaben des DIMR gehören die Politikberatung, die Forschung und Informationsbereitstellung zu Menschenrechtsthemen, Menschenrechtsbildung sowie der Dialog und die Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen.

  • Status Quo
    • Deutschland hat wichtige und zentrale internationale und europäische Kodifikationen zum Arbeitnehmer- und Menschenrechtsschutz ratifiziert und damit in nationales Recht transferiert. Das Gleiche gilt für die besonders wichtigen sog. ILO-Kernarbeitsnormen. Zu diesen rechtsverbindlichen Umsetzungen gehören beispielsweise der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das VN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes, die meisten der Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation und wichtige europäische Verträge zum Menschenrechtsschutz wie die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder die Europäische Sozialcharta.
    • Eine besondere Herausforderung besteht auch in Deutschland in Bezug auf Menschen in vulnerablen Lebenslagen. Dazu zählen beispielsweise Migrantinnen und Migranten sowie grundsätzlich Beschäftigte in prekären Arbeitsverhältnissen. Diese Bevölkerungsgruppen sind einem hohen Risiko der Arbeitsausbeutung ausgesetzt. Mit der Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes ist in Deutschland ein wirksames Instrument gegen Dumpinglöhne eingeführt worden. Seit dem 1. Januar 2015 gilt ein Mindeststundenlohn von 8,50 Euro, der alle zwei Jahre durch eine unabhängige Kommission angepasst wird. Vier Millionen Menschen haben seither durch den Mindestlohn eine Einkommensverbesserung erhalten. Ihr Einkommen ist um durchschnittlich 18% gestiegen.
    • Menschen, die von Arbeitsausbeutung betroffen oder bedroht sind, benötigen Informationen über ihre Rechte und Unterstützung bei deren Durchsetzung. In den vergangenen Jahren wurden in verschiedenen Regionen Deutschlands teils mit Bundes-, teils mit Landesmitteln Beratungs- und Anlaufstellen geschaffen. Gefördert durch die Bundesregierung und den Europäischen Sozialfonds (ESF) berät beispielsweise der DGB mit dem Projekt "Faire Mobilität" Beschäftigte, insbesondere aus mittel- und osteuropäischen EU-Staaten. Es gibt bislang keine dauerhafte, bundesweite Beratungsstruktur für Betroffene aus verschiedenen Herkunftsregionen und Branchen. Deutschland ist bei der Bekämpfung des Menschenhandels und der Arbeitsausbeutung auch an die EU-Richtlinie 2011/36/EU gebunden und hat sowohl das Europarats-Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels von 2005 wie auch das sog. Palermo-Protokoll ratifiziert. Zur Koordinierung der vielfältigen Aktivitäten bei der Bekämpfung des Menschenhandels hat die Bundesregierung 1997 die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Menschenhandel eingerichtet, in der auch Nichtregierungsorganisationen Mitglied sind.
    • Flankierend ist auch der Whistleblower-Schutz von hoher Bedeutung bei der Aufklärung von Arbeitsausbeutung. Allgemeine arbeitsrechtliche (§§ 612a, 626 BGB; § 1 Kündigungsschutzgesetz) und verfassungsrechtliche (Artikel 2 Abs. 1, Artikel 5, Artikel 20 Abs. 3 GG) Vorschriften gewähren hier Schutz. Daneben gibt es eine Reihe von spezialgesetzlichen Vorschriften, die den durch die allgemeinen Vorschriften gewährleisteten Schutz von Whistleblowern für besondere Bereiche ergänzen (z.B. § 13 Geldwäschegesetz, § 17 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz).
    • Die Bundesregierung bereitet derzeit die Umsetzung zahlreicher internationaler Rechtstexte vor. Hierzu gehört das ergänzende Protokoll der ILO zum Übereinkommen 29 zur Bekämpfung der Zwangsarbeit. Die Ratifikationsprüfung der ILO-Übereinkommen 131 zu Mindestlöhnen und ILO-Übereinkommen 169 zum Schutz von indigenen Völkern, aber auch des Zusatzprotokolls zum Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 2008 und der revidierten Sozialcharta ist durch das BMAS geplant.
  • Maßnahmen
    • Die Bundesregierung hat in Ergänzung der bereits bestehenden Strukturen die Bekämpfung des Menschenhandels zum Zwecke der Arbeitsausbeutung in den Fokus gerückt. In einer dafür eingesetzten Bund-Länder-Arbeitsgruppe wird derzeit ein strategisches Konzept entwickelt, um Prävention zu stärken, Beratungsstrukturen aufzubauen sowie die strafrechtliche Verfolgung und die Datenlage zu verbessern.
    • Die Bundesregierung hat sich auf den Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Missbrauchs von Leiharbeit und Werkverträgen geeinigt. Damit wird es künftig klare Regeln geben, so dass Missbrauch und das Umgehen von Arbeitsstandards verhindert werden.
    • Im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/943 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) wird der Whistleblower-Schutz im deutschen Recht weiter ausgebaut. Hierbei soll klargestellt werden, dass die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen zur Aufdeckung eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens oder einer illegalen Tätigkeit zum Schutz des allgemeinen öffentlichen Interesses rechtmäßig ist.
    • Das Gebot der Gleichberechtigung der Geschlechter ist in Deutschland grundrechtlich in Artikel 3 Absatz 2 geschützt. Die gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen auf allen Ebenen ist ein wichtiger Schwerpunkt der Bundesregierung. Beispielweise gilt seit dem 1. Mai 2015 das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Mit dem Gesetz soll mittelfristig der Anteil von Frauen in Führungspositionen signifikant verbessert und letztlich eine Geschlechterparität erreicht werden. Das Gebot des gleichen Entgelts von Frauen und Männern für gleiche und gleichwertige Arbeit ist seit dem Vertrag von Rom ebenso fest in den europäischen Verträgen verankert.
    • In Deutschland besteht eine substantielle Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern. Nach wie vor verhindern Rollenstereotype bei der Berufswahl, die geringfügige Teilzeit-Erwerbsarbeit von Frauen, unterschiedliche berufliche Chancen auf Grund struktureller Rahmenbedingungen und materieller Anreizwirkungen sowie eine zumeist mittelbare Benachteiligung von Frauen beim Entgelt, dass Lohngerechtigkeit für Frauen in der Praxis verwirklicht ist. Auch bei gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Merkmalen beträgt der messbare Entgeltunterschied immer noch 7 Prozent. Die Lohnunterschiede sind ein gesamtwirtschaftliches Problem, bei dem alle relevanten Akteure in ihrer Verantwortung angesprochen werden. Die Bundesregierung hat einen Sozialpartnerdialog ins Leben gerufen und zahlreiche untergesetzliche Maßnahmen wie den "Equal Pay Day" und ein neues IT-gestütztes Prüfverfahren zur betrieblichen Entgeltdiskriminierung auf den Weg gebracht.
Bi- und multilaterale Wirtschaftsbeziehungen

Die Handelspolitik gehört gemäß Art. 207 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu den Gemeinschaftskompetenzen der EU. Das BMWi ist innerhalb der Bundesregierung federführend für die Erarbeitung der deutschen Position in der Handelspolitik verantwortlich und vertritt diese auf europäischer und internationaler Ebene. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft ist der Abbau von Handelshemmnissen und die Stärkung des multilateralen Handelssystems von besonderer Bedeutung. Handel kann zudem einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten. Wichtig hierfür ist eine entwicklungsfreundliche Ausgestaltung. Das beinhaltet u.a. eine starke Verankerung von Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards in Freihandelsabkommen, die durch Mechanismen zur Folgenabschätzung und Monitoring flankiert werden.

  • Status Quo
    • Die EU-Organe und die Mitgliedsstaaten sind auch bei der Umsetzung von EU-Recht an ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen gebunden. Deutschland unterstützt die Praxis der EU, den Schutz von Menschenrechten in Rahmenabkommen mit seinen Partnern zu vereinbaren und in allen neuen Freihandelsverträgen über Nachhaltigkeitskapitel hohe Arbeits-, Sozial und Umweltstandards festzuschreiben. Deutschland setzt sich dafür ein, dass diese Nachhaltigkeitskapitel mit umfangreichen und verbindlichen Standards verhandelt werden. Auch die im Herbst 2015 vorgestellte neue EU-Handelsstrategie Trade for All hebt hervor, dass die Handelspolitik nachhaltige Entwicklung und Menschenrechte weltweit voranbringen soll. In den Freihandelsverträgen wird gleichzeitig auch das "right to regulate" garantiert, mit dem den Staaten der notwendige Spielraum erhalten bleibt, die Menschenrechte zu schützen.
    • Die Bundesregierung unterstützt eine Weiterentwicklung des Instrumentariums menschenrechtlicher Folgeabschätzungen für Handels- und Investitionsabkommen.
  • Maßnahmen
    • Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass das geplante TTIP-Abkommen mit den Vereinigten Staaten ein ambitioniertes Nachhaltigkeitskapitel enthält.
    • Die Weiterentwicklung des Instrumentariums menschenrechtlicher Folgeabschätzungen für Handels- und Investitionsabkommen der EU wird befürwortet und unterstützt. Insbesondere sollen umfassende Folgenabschätzungen vor Verhandlungsbeginn durchgeführt werden, um so zu garantieren, dass die Ergebnisse der Prüfung in Verhandlungen einfließen können.
    • Die Bundesregierung fördert Entwicklungsländer im Rahmen der Aid-for-Trade-Initiative bei der Verbesserung der Handelschancen. Künftig wird die Bundesregierung die Einhaltung von Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards noch gezielter unterstützen.
    • Das Allgemeine Präferenzsystem Plus (APS+) kann als Format dazu genutzt werden, die Einhaltung und Umsetzung von Menschenrechtsstandards durch Regierungen von Entwicklungsländern zu fördern. In dem anstehenden Review-Prozess 2018 wird sich die Bundesregierung für eine weitere Stärkung des Instruments einsetzen.
Entwicklungspolitik

Die deutsche Entwicklungspolitik ist wertebasiert und orientiert sich am Leitprinzip der Menschenrechte, denn gerechte Entwicklungschancen müssen für jeden Einzelnen und weltweit gelten. Die Achtung, der Schutz und die Gewährleistung von Menschenrechten sind bindende Vorgaben und zentraler Bestandteil der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, zu deren Umsetzung sich die Weltgemeinschaft im Jahr 2015 verpflichtet hat. Die Agenda 2030 dient mit ihren globalen und universell anwendbaren Zielen für nachhaltige Entwicklung (Social Development Goals) als Kompass und Handlungsrahmen und gilt seit dem 1. Januar 2016. Die Agenda 2030 unterstreicht den Anspruch der Bundesregierung, wirtschaftliche Entwicklung mit Nachhaltigkeit, den Grundprinzipien der sozialen und ökologischen Marktwirtschaft und menschenwürdiger Beschäftigung zu verbinden.

Die deutsche Entwicklungspolitik arbeitet auf allen Ebenen (international, gemeinsam mit Partnerländern und national) daran, die Einhaltung der Menschenrechte durch die Schaffung rechtlicher und institutioneller Voraussetzungen und staatlicher Regulierung sowie die Aufsicht unternehmerischen Handelns zu fördern. Dazu werden die Regierungen von Kooperationsländern, aber auch internationale und multilaterale Organisationen zum Beispiel darin unterstützt, ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik stärker an Menschenrechten und Nachhaltigkeitsstandards auszurichten. Die deutsche Entwicklungspolitik fördert aktiv den Dialog zwischen Staat und Unternehmen (und ihren Verbänden), Gewerkschaften und Zivilgesellschaft über Themen wie Berufsbildung, Arbeitsschutz und Mindestlöhne in Partnerländern. Darüber hinaus führt die Bundesregierung direkt oder gemeinsam mit diesen Partnern Entwicklungsprojekte oder -programme durch, die die verbesserte Einhaltung von Menschenrechten sowie die Minderung menschenrechtlicher Risiken zum Ziel haben. Zudem sind die Stärkung des Rechtsstaats und der Zugang zu Justiz, insbesondere für marginalisierte Bevölkerungsgruppen in Partnerländern, ein entwicklungspolitisches Ziel Deutschlands.

  • Status Quo
    • Im Rahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft und der Förderung wirtschaftlicher Entwicklung sind die VN-Leitprinzipien handlungsleitend. Sie fanden bereits 2011 Eingang in das BMZ-Konzept "Menschenrechte in der Deutschen Entwicklungspolitik". Dieses Konzept ist für die Durchführungsorganisationen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit, die im Auftrag der Bundesregierung handeln, verbindlich. Entsprechende vertragliche Anforderungen wurden ferner in die Vereinbarungen zu Entwicklungspartnerschaften mit der deutschen und europäischen Wirtschaft (develoPPP.de ) integriert.
    • Mit ihren Umwelt- und Sozialstandards setzen internationale Finanzinstitutionen wie die Weltbank und regionale Entwicklungsbanken Maßstäbe für ökologische und soziale Regulierung. Die Bundesregierung wird die Reformprozesse in internationalen Finanzinstitutionen weiterhin mit dem Ziel begleiten, deren operative Arbeit noch stärker an Menschenrechten auszurichten.
    • Um praxisgerechte entwicklungspolitische Ansätze zur Stärkung der menschenrechtlichen Verantwortung von Unternehmen zu identifizieren, hat das Institut für Entwicklung und Frieden im Auftrag des BMZ das Forschungsvorhaben "Menschenrechte, Unternehmensverantwortung und nachhaltige Entwicklung" durchgeführt. Ein vom BMZ gefördertes Forschungsvorhaben am DIMR unterstützt zudem die nationalen Menschenrechtsinstitutionen in den Kooperationsländern im Aufgabenbereich Menschenrechte und Wirtschaft.
    • Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung zur Umsetzung der Freiwilligen Leitlinien zur verantwortungsvollen Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern verpflichtet und eine Reihe von Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit initiiert, um sowohl die Staaten in Entwicklungsländern bei der Umsetzung von Landnutzungsrechten marginalisierter Gruppen zu unterstützen, zivilgesellschaftliche Akteure zu stärken und auch Unternehmen, beispielsweise Agrarinvestoren, für die Umsetzung dieser Leitlinien zu sensibilisieren und zu gewinnen und somit z.B. illegitime Landnahmen zu verhindern.
    • Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen der G7 für eine wirtschaftliche Stärkung von Frauen ein. Partner in Entwicklungsländern sollen dabei unterstützt werden, Diskriminierung, Gewalt gegen Frauen sowie andere kulturelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche und rechtliche Hürden für die wirtschaftliche Teilhabe von Frauen zu überwinden. Bis zum Jahr 2030 sollen ein Drittel mehr Frauen und Mädchen beruflich qualifiziert werden. Die Bundesregierung fördert aktiv die Women’s Empowerment Principles und setzt sich für deren Unterzeichnung durch möglichst viele Unternehmen ein.
    • Mit der G7-Abschlusserklärung im Jahr 2015 hat sich die Bundesregierung zudem verpflichtet, Multi-Akteurs-Partnerschaften zu fördern und Produktionsländer durch Kapazitätsaufbaumaßnahmen bei der Einhaltung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards zu unterstützen.
  • Maßnahmen
    • Die entwicklungspolitischen Instrumente zur Zusammenarbeit mit der Wirtschaft werden mit Blick auf die Konformität mit den Anforderungen der VN-Leitprinzipien überprüft. Insbesondere sollen die Vertragsbestandteile des "develoPPP.de"-Programms im Hinblick auf die Anforderungen an menschenrechtliche Sorgfaltspflichten konkretisiert werden.
    • Die Erarbeitung Nationaler Aktionspläne für Wirtschaft und Menschenrechte auch in Entwicklungs- und Schwellenländern sind der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. Sie wird bestehende Möglichkeiten nutzen, solche Prozesse aktiv zu fördern, etwa durch Unterstützung Nationaler Menschenrechtsinstitutionen.
    • Die Bundesregierung wird ihr breites Engagement zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern auch bei der Umsetzung der VN-Leitprinzipien gezielt verstärken. Entwicklungspolitik setzt sich auch im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte für die Rechte vulnerabler Personengruppen, etwa indigener Völker oder von Kindern und Jugendlichen oder Menschen mit Behinderung ein.
    • Die Vorgaben der VN-Leitprinzipien und des Nationalen Aktionsplans, insbesondere Kapitel III zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht, gelten auch für die entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen (einschließlich Entwicklungsfinanzierer). Sie dienen auch als Grundlage für die weitere Bewertung und das Monitoring sowie ggf. Weiterentwicklungen der Beschwerdeverfahren, die die staatlichen Durchführungsorganisationen (einschließlich Entwicklungsfinanzierer) mittlerweile eingerichtet haben.
    • Zudem wird die Bundesregierung die Reformprozesse in internationalen Finanzinstitutionen weiterhin mit dem Ziel begleiten, deren operative Arbeit stärker an Menschenrechten auszurichten.

1.2 Öffentliches Beschaffungswesen

Das Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand liegt bei rund 280 Milliarden Euro im Jahr. Bund, Länder und Kommunen unterliegen hier einer besonderen Verantwortung, ihrer staatlichen Schutzpflicht nachzukommen und sicherzustellen, dass mit öffentlichen Mitteln keine negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte verursacht oder begünstigt werden. Durch die Stärkung von Nachhaltigkeitsaspekten in der öffentlichen Beschaffung nimmt die öffentliche Hand nicht nur ihre Funktion als Vorbild wahr, sondern kann auch als wichtiger Hebel für die Steigerung des Angebots nachhaltiger Produkte wirken. Auch in der Agenda 2030 wird nachhaltige öffentliche Beschaffung explizit als Instrument zur Erreichung nachhaltiger Entwicklung genannt.

Status Quo

Deutschland hat seine Verpflichtungen zum Schutz der Menschenrechte, die sich aus völkerrechtlichen Verträgen ergeben, vollumfänglich in deutsches Recht umgesetzt. Dies gilt beispielsweise für das Verbot der Beschäftigung von Kindern oder der Anordnung von Zwangsarbeit nach den ILO-Kernarbeitsnormen. Kommt es in diesen Fällen in Deutschland zu Verstößen gegen geltendes Recht durch Unternehmen, so kann das betroffene Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Zur Stärkung der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung in Behörden und Einrichtungen auf Ebene des Bundes, der Länder und der Kommunen setzt die Bundesregierung bereits eine Vielzahl von Maßnahmen um:

  • Unter dem Vorsitz der Bundesregierung arbeiten Bund, Länder und Kommunen seit 2010 in der "Allianz für nachhaltige Beschaffung" zusammen. Sie soll dazu beitragen, den Anteil nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen beim Einkauf der öffentlichen Hand deutlich zu erhöhen. Die Allianz dient dem Erfahrungsaustausch der wichtigsten öffentlichen Beschaffer und soll zur stärkeren Verwendung einheitlicher nationaler und internationaler Nachhaltigkeitsstandards auf allen drei Ebenen – Bund, Länder und Kommunen – beitragen.
  • Die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung beim Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern (KNB) unterstützt seit 2012 öffentliche Auftraggeber bei der Berücksichtigung von Kriterien der Nachhaltigkeit. Die Kompetenzstelle steht den Beschaffern vor Ort z.B. durch eine persönliche oder telefonische Beratung und die Übermittlung von Informationsmaterialien zur Verfügung. 2014 hat die KNB gemeinsam mit BITKOM e.V. eine erste Branchenvereinbarung in Form der Erklärung zur sozialen Nachhaltigkeit für IT erarbeitet, die eine Berücksichtigung der ILO-Kernarbeitsnormen in Beschaffungsverfahren vorsieht. Weitere Branchenvereinbarungen zu kritischen Produktgruppen sind geplant.
  • Weitere Initiativen und Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung sind das Maßnahmenprogramm für Nachhaltigkeit, in dem Ziele der Bundesregierung zu nachhaltiger Beschaffung integriert wurden.
  • Die von der Bundesregierung finanzierte Informationsplattform "Kompass Nachhaltigkeit" bietet eine Übersicht zu Nachhaltigkeitssiegeln und ergänzenden Vorgaben und unterstützt öffentliche Beschaffer bei der Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Vergabeverfahren.
  • Das kommunale "Netzwerk für faire Beschaffung" bei der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt berät u.a. Kommunen und trägt über Fachpromotorinnen und Fachpromotoren das Thema nachhaltige Beschaffung in die Kommunen. Die Informations- und Dialogkampagne "Deutschland Fairgleicht" informiert und sensibilisiert Entscheidungsträger und öffentliche Beschaffer auf kommunaler Ebene zu nachhaltiger Beschaffung.

Mit der Vergaberechtsreform in 2016, durch die drei neue EU-Vergaberichtlinien in deutsches Recht umgesetzt worden sind, wird die Einhaltung von Recht und Gesetz, insbesondere von Steuer-, Arbeits- und Sozialrecht, im neuen Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sehr deutlich hervorgehoben (§§ 97 Abs. 3 und § 128 Abs. 1 GWB). Der neue Rechtsrahmen ermöglicht den Vergabestellen, die öffentliche Auftragsvergabe stärker zur Unterstützung strategischer Ziele wie Sozialstandards, Umweltschutz oder Innovation zu nutzen.

Maßnahmen
  • Die Bundesregierung wird prüfen, inwiefern in einer zukünftigen Überarbeitung verbindliche Mindestanforderungen im Bereich Menschenrechte im Vergaberecht festgeschrieben werden können, die von teilnehmenden Unternehmen die Einhaltung der Sorgfaltspflicht einfordert. Sie wird einen Stufenplan erarbeiten, wie dieses Ziel erreicht werden kann.
  • Die Expertise der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung zu Menschenrechtsfragen (unter anderem ILO-Kernarbeitsnormen in Beschaffungsverfahren) und zur Umsetzung der VN-Leitprinzipien wird genutzt, um im Rahmen von Schulungen die Kenntnisse von Beschaffern auszubauen.

1.3 Staatliche Förderung

Subventionen

Subventionen bedürfen stets einer besonderen Rechtfertigung und einer regelmäßigen Erfolgskontrolle, da die Begünstigung Einzelner zu Lasten der Allgemeinheit längerfristig in der Regel schädliche Folgen hat. Die Subventionierung kann durch die dauerhafte Veränderung von Preisstrukturen wirtschaftlich falsche Signale setzen und die Allokationseffizienz senken. Wettbewerbsfähige Unternehmen können durch subventionierte Unternehmen verdrängt werden. Deshalb darf eine Subventionierung nur dann erfolgen, wenn sie erforderlich und angemessen ist und den Wettbewerb nicht beeinträchtigt. Die Vergabe von Subventionen sollte dabei auch nicht im Widerspruch zu anderen Politikzielen, wie dem Schutz der Menschenrechte, stehen.

  • Status Quo
    Um die Transparenz, den Rechtfertigungsdruck und die Steuerungsmöglichkeiten im Subventionswesen zu erhöhen, folgt die Bundesregierung subventionspolitischen Leitlinien, die als Selbstbindung der Politik für die von ihr zu verantwortenden Maßnahmen zu verstehen sind. Im Vorfeld des 25. Subventionsberichts hat das Bundeskabinett im Januar 2015 die Subventionspolitischen Leitlinien gestärkt und um eine Nachhaltigkeitsprüfung sowie die grundsätzlich regelmäßige Evaluierung von Subventionen ergänzt. Mit der Nachhaltigkeitsprüfung unterstreicht die Bundesregierung ihre Absicht, das Prinzip der Nachhaltigkeit auch in der Subventionspolitik stärker zu berücksichtigen. Sie orientiert sich grundsätzlich an den Zielen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie und konzentriert sich auf langfristige ökonomische, ökologische und soziale Wirkungen.
  • Maßnahme
    Die Bundesregierung wird prüfen, inwieweit die in den subventionspolitischen Leitlinien angelegte Nachhaltigkeitsprüfung mit den Anforderungen der -LeitprinzipienVN übereinstimmt und wie Unternehmen, die signifikante Subventionen erhalten, künftig dazu verpflichtet werden können, die unter Kapitel III beschriebenen Elemente der Sorgfaltspflicht anzuwenden.
Exportkredite, Investitionsgarantien und andere Instrumente der Außenwirtschaftsförderung

Die Instrumente der deutschen Außenwirtschaftsförderung dienen dazu, deutsche Unternehmen bei der Erschließung und Sicherung ausländischer Märkte zu unterstützen. Zum System der Instrumente gehört die Beratung durch deutsche Auslandsvertretungen, das Netzwerk der Deutschen Auslandshandelskammern (AHK) sowie Germany Trade and Invest (GTAI). Zudem fördert die Bundesregierung Auslandsmessebeteiligungen, veranstaltet Delegationsreisen und finanziert Instrumente zur Risikoabsicherung. Dazu gehören Exportkreditgarantien zur Absicherung von Exportgeschäften (sog. Hermesdeckungen – EKG), Bundesgarantien für Direktinvestitionen (DIA) und ungebundene Finanzkredite (UFK) zur Absicherung von Kreditausfallrisiken von Banken.

  • Status Quo
    • Die Bearbeitung der EKG, DIA und UFK übernimmt im Auftrag des Bundes ein Konsortium bestehend aus den Mandatargesellschaften EulerHermes und PwC. Die Beachtung der Menschenrechte ist bereits Bestandteil der Prüfung von Anträgen. Sofern Anlass dazu besteht, werden die Umwelt- und Sozialaspekte einschließlich menschenrechtlicher Belange eingehend geprüft. Die Intensität der Prüfung hängt vom Umfang der potenziellen Auswirkungen des Projekts ab. Mindestvoraussetzung für die Übernahme der Garantie ist die Einhaltung der nationalen Standards im Zielland. Projekte mit erheblichen menschenrechtlichen Auswirkungen werden einer eingehenderen Prüfung unterzogen.
    • Bei Projekten innerhalb des Anwendungsbereichs der OECD Common Approaches und bei Investitionsgarantien mit weitreichenden umwelt-, sozial-, und menschenrechtlichen Auswirkungen ist darüber hinaus die Einhaltung internationaler Standards, wie die der Weltbankgruppe und insbesondere deren sektorspezifischer Environmental, Health and Safety Guidelines erforderlich. Bei Projekten mit weitreichenden Auswirkungen muss dies durch einen unabhängigen Gutachter überprüft und bestätigt werden. Die Entscheidung über die Übernahme von Garantien wird in den zuständigen interministeriellen Ausschüssen gemeinsam durch BMWi, BMF, AA und BMZ getroffen. Abhängig von der ökologischen, sozialen und menschenrechtlichen Relevanz der Projekte müssen Unternehmen regelmäßig über die Situation des Projekts auch hinsichtlich der Menschenrechte berichten. Im Falle von Beanstandungen kann die Bundesregierung Abhilfe verlangen.
  • Maßnahmen
    • Die Bundesregierung wird den Menschenrechten, die bislang einen Teilaspekt der Umwelt- und Sozialprüfung darstellten, eine stärkere Eigenständigkeit und Sichtbarkeit im Prüfverfahren einräumen. Sie wird das bestehende Prüfverfahren mit den in Kapitel III formulierten Anforderungen abgleichen und ggf. Anpassungen vornehmen. Dazu zählen insbesondere Maßnahmen für eine verbesserte Identifizierung menschenrechtlicher Risiken innerhalb des Prüfverfahrens.
    • Durch verbesserte Information und Transparenz werden die Unternehmen künftig bereits in der Anbahnungsphase der Projekte auf den hohen Stellenwert menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten und der OECD-Leitsätze hingewiesen. Insbesondere wird die Bundesregierung ihre Unterstützungsmaßnahmen für betroffene Unternehmen in Form von Informationsmaterialien ausweiten.
    • Zudem ist die Einführung von Human Rights Due Diligence Reports in die Prüfverfahren der Instrumente der außenwirtschaftlichen Risikoabsicherung bei einer hohen Wahrscheinlichkeit von schwerwiegenden menschenrechtlichen Auswirkungen geplant.
    • Die Nationale Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze (vgl. Kapitel 4.2) wird als zentraler Beschwerdemechanismus für Projekte der Außenwirtschaftsförderung aufgewertet.
    • Das detaillierte Prüfverfahren von Anträgen auf Übernahme von Exportkreditversicherungen, Direktinvestitionen im Ausland und Ungebundenen Finanzkrediten wird im Hinblick auf die Einhaltung menschenrechtlicher Belange unter Abgleich mit den im NAP näher beschriebenen Anforderungen weiter intensiviert. Dazu werden Menschenrechte im Rahmen der Projektprüfung künftig als eigenständiger Punkt berücksichtigt. Dabei wollen wir erreichen, dass Unternehmen, die die Instrumente der Außenwirtschaftsförderung in Anspruch nehmen, ihre Sorgfaltspflicht erfüllen. Dazu gehört insbesondere die Teilnahme an gegen sie gerichteten Beschwerdeverfahren vor der deutschen Nationalen Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen.

1.4 Unternehmen im öffentlichen Eigentum

Zu Unternehmen im öffentlichen Eigentum oder unter staatlicher Kontrolle in dem nachfolgend genannten Sinne zählen alle Unternehmen mit unmittelbarer Mehrheitsbeteiligung in privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Form des Bundes, der Länder und Kommunen. Steht ein Wirtschaftsunternehmen unter staatlicher Kontrolle (d.h. mittels einer unmittelbaren Mehrheitsbeteiligung) oder können seine Handlungen anderweitig dem Staat zugeordnet werden, unterliegt dieses nach den VN-Leitprinzipien einer besonderen Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte.

Status Quo

Der allgemeine Schutzstandard der Menschenrechte ist im Bereich von Unternehmensbeteiligungen der öffentlichen Hand bereits sehr gut ausgeprägt, da von der öffentlichen Hand beherrschte gemischtwirtschaftliche Unternehmen in Privatrechtsform ebenso wie im Alleineigentum des Staates stehende öffentliche Unternehmen, die in den Formen des Privatrechts organisiert sind, einer unmittelbaren Grundrechtsbindung unterliegen. Die Beteiligung an Unternehmen des privaten oder öffentlichen Rechts erfolgt auf den verschiedenen föderalen staatlichen Ebenen Bund, Länder und Kommunen in autonomer Verantwortung. Neben der Grundrechtsbindung unterliegen die staatlichen Ebenen bei ihrer wirtschaftlichen Betätigung einfachgesetzlichen Bindungen, z.B. durch die Bundeshaushaltsordnung, oder kommunalrechtlichen Vorschriften.

Daneben existiert auf Bundesebene der Public Corporate Governance Kodex des Bundes (PCGK Bund) - ein Regelwerk, das sich mit Empfehlungen und Anregungen für eine gute Unternehmensführung an Unternehmen mit mehrheitlicher Beteiligung des Bundes richtet. Die Beteiligungsverwaltung des Bundes ist dezentral organisiert und wird aufgabenbezogen vom jeweils fachlich zuständigen Bundesministerium wahrgenommen. Das für die Beteiligung zuständige Bundesministerium stellt die Beachtung und Verankerung im Regelwerk der Unternehmen nach Ziffer 1.4 PCGK Bund sicher. Der PCGK Bund ist Teil der von der Bundesregierung erlassenen Grundsätze guter Unternehmens- und Beteiligungsführung, welche federführend vom BMF herausgegeben werden. Sie bilden die Grundlage für eine verantwortungsvolle Führung der Beteiligungen des Bundes an Unternehmen und sichern die einheitliche Wahrnehmung dieser Aufgaben durch die einzelnen Bundesressorts. Mehrere Bundesländer und Kommunen verfügen über eigenständige Kodizes für ihre Beteiligungen.

Der jährliche Beteiligungsbericht des Bundes führt rund 700 Unternehmen auf, an denen der Bund unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. Der Bund hält an 60 Gesellschaften mit Geschäftstätigkeit (Bestand zum Stichtag 31. Dezember 2014) eine unmittelbare Beteiligung, davon sind 41 unmittelbare Mehrheitsbeteiligungen. 13 dieser unmittelbaren Mehrheitsbeteiligungen haben mehr als 500 Beschäftigte. Im Beteiligungsbericht des Bundes wird u.a. auf die Umsetzung des Public Corporate Governance Kodex des Bundes, Gleichstellung von Frauen und Männern und die generelle Nachhaltigkeit dieser Unternehmen eingegangen.

Maßnahmen
  • Die Bundesregierung wird die Schulungen der beteiligungsführenden Stellen des Bundes in Zusammenarbeit mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung um Aspekte der Nachhaltigkeit ergänzen und dabei ein Augenmerk auf die menschenrechtliche Verantwortung der Unternehmen des Bundes mit unmittelbarer Mehrheitsbeteiligung legen. Das Schulungsspektrum der beteiligungsführenden Stellen soll im Zuge der nächsten Überarbeitung des PCGK Bund in dem Regelwerk verankert werden. Bei dem jährlichen Treffen der beteiligungsführenden Stellen des Bundes und der Länder sollen die Länder angehalten werden, dieser Praxis des Bundes zu folgen.
  • Die Bundesregierung ist bestrebt, den Anteil der den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) anwendenden Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes, welcher auch die Berichtspflicht zu Menschenrechten enthält, zu erhöhen. Im Beteiligungsbericht werden beginnend ab dem Wirtschaftsjahr 2018 alle international tätigen Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes und über 500 Beschäftigten, welche den DNK oder ein vergleichbares Rahmenwerk mit einer menschenrechtlichen Berichtspflicht anwenden oder nicht anwenden, im Kapitel Nachhaltigkeit gesondert ausgewiesen. 

2. Herausforderungen in der Unternehmenspraxis

Wirtschaftsunternehmen sollten die Menschenrechte achten. Dies heißt, dass sie vermeiden sollten, die Menschenrechte Anderer zu beeinträchtigen, und dass sie nachteiligen menschenrechtlichen Auswirkungen, an denen sie beteiligt sind, begegnen sollten.

Unternehmen können sowohl durch ihre eigene Geschäftstätigkeit als auch infolge ihrer Geschäftsbeziehungen positive wie nachteilige Auswirkungen auf die Verwirklichung der Menschenrechte innerhalb ihrer Produktion sowie auch entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten haben. Einzelunternehmen können den systematischen Herausforderungen in bestimmten Regionen und/oder Sektoren häufig nur eingeschränkt oder gar nicht begegnen. Die Erarbeitung eines gemeinsamen Verständnisses der jeweiligen Branche über die konkrete Ausgestaltung der Sorgfaltspflichten, wie sie in Kapitel III beschrieben sind, ist daher ratsam. Beratung, Erfahrungsaustausch und koordinierte Maßnahmen von Regierung, Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Unternehmen helfen, Kräfte zu bündeln und zur Schaffung eines globalen Level-Playing-Field beizutragen.

2.1 Menschenrechtsschutz in Liefer- und Wertschöpfungsketten sicherstellen

Weltweit wachsen die Ansprüche von Verbrauchern, der Zivilgesellschaft und Gewerkschaften an die Qualität von Produkten und an die Transparenz in der Herstellung. Im Mittelpunkt stehen hier zunehmend Faktoren wie Umweltschutz sowie Sozial- und Arbeitsstandards entlang der gesamten Lieferkette von Unternehmen. Diese Lieferketten sind oft intransparent und für einzelne Unternehmen entlang der Kette schwer zu überprüfen. Das Risiko negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte, Sozial-, Arbeits- und Umweltstandards in Produktionsländern steigt damit. Oft fehlt es in diesen Ländern an einer ausreichenden Gesetzesgrundlage oder an der staatlichen Kontrolle und Durchsetzung bestehender Gesetze.

Die Bundesregierung erwartet, dass Unternehmen dennoch ihrer Verantwortung zur menschenrechtlichen Sorgfalt nachkommen und entsprechende Managementinstrumente schaffen und anwenden, die das Risiko, an negativen Auswirkungen beteiligt zu sein, minimieren (vgl. Kapitel III). Denn jedes Unternehmen hat durch seine Geschäftstätigkeit Einfluss auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auf Kunden, Zulieferer, die Umwelt und das wirtschaftliche Umfeld. Auch die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, zu denen sich Deutschland bekennt, fordern Unternehmen auf, im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit im In- und Ausland (einschließlich ihrer Tochterunternehmen) die Menschenrechte zu achten und sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten um Mittel und Wege zu bemühen, negative Auswirkungen auf die Menschenrechte zu verhüten oder zu mindern. Dies bietet deutschen Unternehmen zugleich die Chance, durch gemeinsame Maßnahmen das Umfeld in den Produktionsländern positiv zu gestalten und so die Bedingungen für stabiles Wirtschaften und die Schaffung neuer Märkte zu verbessern.

Status Quo

Im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft 2015 hat sich die Bundesregierung als treibende Kraft erfolgreich dafür eingesetzt, ein Kapitel zur Nachhaltigkeit in globalen Lieferketten in die Abschlusserklärung aufzunehmen. Hierin wird die Privatwirtschaft dringend aufgerufen, ihrer Sorgfaltspflicht auf dem Gebiet der Menschenrechte nachzukommen. Gemeinsam mit den anderen G7-Staats- und Regierungschefs bekennt sich die Bundesregierung zur Förderung von Nachhaltigkeitsstandards in globalen Lieferketten einschließlich besserer Arbeitsbedingungen. So sollen die G7-Staaten

  • die Erstellung substantieller Nationaler Aktionspläne zur Umsetzung der VN-Leitprinzipien unterstützen,
  • die Transparenz in Lieferketten erhöhen,
  • Instrumente zur Risikoerkennung- und -prävention fördern,
  • Beschwerdemechanismen stärken,
  • gute Beispiele verbreiten
  • und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen bei der Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von Sorgfaltspflicht und verantwortungsvollem Lieferkettenmanagement unterstützen.

Produktionsländer werden bei der Einführung und Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards durch Capacity-Building-Maßnahmen unterstützt. Zur Erarbeitung von Lösungsansätzen und Monitoringverfahren unterstützt die Bundesregierung bereits seit Langem Multi-Stakeholder-Initiativen in verschiedenen Branchen.

  • Hierzu zählt z.B. das von BMEL und BMZ gemeinsam mit der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft gegründete "Forum Nachhaltiger Kakao". Im Forum setzt sich die Bundesregierung gemeinsam mit Vertretern von Zivilgesellschaft, Süßwarenindustrie, Lebensmittelhandel und in Zusammenarbeit mit den Partnerländern für eine Verbesserung der Produktions- und Lebensbedingungen vor Ort und für einen nachhaltigen Kakaoanbau ein.
  • Das vom BMZ gegründete "Bündnis für nachhaltige Textilien" schafft eine Verbindlichkeit für die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards und die Gewährleistung unternehmerischer Sorgfaltspflicht im Textil- und Bekleidungssektor. Alle Bündnismitglieder sind verpflichtet, die sozialen und ökologischen Bündnisziele zu verfolgen. Sie unterziehen sich einem auf kontinuierliche Verbesserung ausgerichteten Review-Prozess, der von einem unabhängigen Dritten durchgeführt wird. Individuelle Maßnahmenpläne (roadmaps) werden jährlich von allen Mitgliedern erarbeitet; erstmals bis Ende Januar 2017. Ein robuster Sanktionsmechanismus sowie eine regelmäßige Berichterstattung über die Umsetzung der Roadmaps werden Glaubwürdigkeit und Transparenz sicherstellen. Auch auf internationaler Ebene schafft das Textilbündnis einen verbindlichen Rahmen sowie ein unabhängiges Nachweissystem.
  • Mit Unterstützung des von der Bundesregierung geförderten Deutschen Global Compact Netzwerks wurde 2012 der "Runde Tisch Menschenrechte im Tourismus" ins Leben gerufen. Ziel ist es, explizit die Anforderungen der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte für die Tourismusbranche zu spezifizieren und im Multi-Stakeholder-Format Lösungen für branchenspezifische menschenrechtliche Herausforderungen zu entwickeln.
Maßnahmen
  • Die Bundesregierung unterstützt die systematische Aufnahme von Nachhaltigkeitskapiteln in Freihandelsabkommen, welche u.a. die Einhaltung von ILO-Kernarbeitsnormen vorgeben.
  • Zur Identifikation von besonders relevanten Risikobranchen und -regionen in den Liefer- und Wertschöpfungsketten der deutschen Wirtschaft wird die Bundesregierung eine entsprechende Studie veröffentlichen. Auf Basis der Studie werden, unter Moderation der Bundesregierung, in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Wirtschaftsverbänden und mit Hilfe entsprechender Multi-Stakeholder-Foren branchenspezifische Handlungsanleitungen und Best-Practice Beispiele zu menschenrechtliche Sorgfaltspflichten erarbeitet.
  • Die Bundesregierung wird den G7-Beschluss zur Einrichtung eines " Vision-Zero-Funds " weiter vorantreiben. Er wird bei der ILO angesiedelt und dient der Prävention und Verringerung arbeitsbedingter Todesfälle sowie schwerer Arbeitsunfälle in globalen Lieferketten.
  • Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards in Produktionsländern z. B. mit dem Regionalvorhaben "Arbeits- und Sozialstandards im Textil- und Bekleidungssektor in Asien", welches die Länder Bangladesch, Kambodscha und Pakistan umfasst.
  • Mit dem „Bündnis für nachhaltige Textilien“ unterstützt die Bundesregierung eine Multi-Stakeholder-Initiative, die freiwillige und verbindliche Elemente zusammenführt. Das Textilbündnis ist auf seine Konformität mit den VN-Leitprinzipien ausgerichtet. Ziel ist es, bis 2018 75 Prozent des deutschen Textil- und Bekleidungsmarktes im Textilbündnis zu vereinen. Das Textilbündnis soll als Vorbild für die Erarbeitung von Sorgfaltsanforderungen in anderen Branchengenutzt werden.
  • Der Runde Tisch "Menschenrechte im Tourismus" wird als vorbildliche Initiative bei der Entwicklung eines branchenspezifischen Verständnisses menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten verstärkt durch die Bundesregierung finanziell unterstützt.

2.2 Transparenz und Kommunikation über menschenrechtliche Auswirkungen von Unternehmen

Anforderungen an die Transparenz im Handeln von Unternehmen sind elementarer Bestandteil der menschenrechtlichen Sorgfalt. Hierbei geht es nicht nur um die formelle (Nachhaltigkeits-)Berichterstattung, sondern auch um die Bereitschaft, mit Verbrauchern, Kunden oder (potenziell) Betroffenen in einen offenen Dialog einzutreten und Informationen auf Anfrage zu teilen.

Status Quo

Die Zahl der Unternehmen, die bereits regelmäßig freiwillig Nachhaltigkeitsberichte vorlegen, nimmt kontinuierlich zu. So haben sich beispielsweise die über 300 Teilnehmer des Global Compact zu einer jährlichen Berichterstattung verpflichtet. Die Berichte deutscher Unternehmen und insbesondere der Großunternehmen orientieren sich überwiegend am freiwilligen Standard der Global Reporting Initiative. Mit dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex hat die Bundesregierung zudem die Entwicklung eines deutschen Berichtstandards unterstützt. Gefördert durch das BMAS bewertet das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung die Qualität der Nachhaltigkeitsberichte von Großunternehmen und KMU und erstellt entsprechende Ranglisten. Dieses Ranking soll den Wettbewerb der Unternehmen in puncto Nachhaltigkeitsberichterstattung befördern sowie Kriterien einer qualitativ hochwertigen Berichterstattung verdeutlichen und verbreiten.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher nehmen mit ihren Kaufentscheidungen Einfluss auf das Angebot nachhaltig produzierter Waren und Dienstleistungen. Instrumente wie die durch die Bundesregierung initiierte Informationsplattform www.siegelklarheit.de schaffen Transparenz und unterstützen beim nachhaltigen Einkauf.

Maßnahmen
  • Das Kabinett hat die Umsetzung der sog. CSR-Richtlinie (Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen) in das deutsche Recht am 21.09.2016 beschlossen.
  • Die Bundesregierung prüft die Einführung einer Gewährleistungsmarke in das deutsche Recht. Die einschlägigen Vorgaben des EU-Rechts sehen bereits die Einführung einer europäischen Gewährleistungsmarke vor und stellen den Mitgliedstaaten die zusätzliche Einführung einer nationalen Gewährleistungsmarke frei. Mit Hilfe einer Gewährleistungsmarke kann u.a. die Einhaltung bestimmter menschenrechtlicher Standards in Liefer- und Wertschöpfungsketten zertifiziert werden. Die Pflicht zur Überprüfung liegt beim Zertifizierer. Die Marke kann zu mehr Transparenz für den Verbraucher beitragen und positive Anreize in Form eines Wettbewerbsvorteils für Unternehmen schaffen, da so die Einhaltung menschenrechtlicher Standards am Markt kommuniziert werden kann.

2.3 Geschäftstätigkeit in Konfliktgebieten

Die VN-Leitprinzipien räumen der Unterstützung von Unternehmen bei der Achtung der Menschenrechte in von Konflikten betroffenen Gebieten einen herausgehobenen Stellenwert ein. Diese Gebiete zeichnen sich auch dadurch aus, dass das Risiko schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen durch die oft vollständige Abwesenheit staatlicher Strukturen besonders hoch ist. Die Bundesregierung sieht sich daher in der Verantwortung, darauf hinzuwirken, dass in diesen Kontexten tätige deutsche Unternehmen nicht an negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte beteiligt sind. Unternehmen, die in diesen Kontexten operieren, sollen gefördert werden, wenn sie durch ihre Investitionen und Wirtschaftsaktivitäten einen Beitrag zur Stabilisierung und Entwicklung dieser Gebiete leisten können. In fragilen oder von kriegerischen Konflikten geprägten Ländern besteht oft die Gefahr, dass die Bewirtschaftung von Rohstoffen von destabilisierenden Akteuren für eigene Zwecke instrumentalisiert wird und Konflikte damit weiter angefacht werden. Wichtig sind deshalb neben einer internationalen Rohstoffdiplomatie auch Beiträge auf lokaler Ebene, wenn durch die Ausbeutung von Rohstoffen konkrete Interessen betroffen sind.

Status Quo

Einen wichtigen Beitrag hierzu leistet die von Deutschland unterstützte Diskussion zu sog. "Konfliktmineralien", die sowohl auf OECD-Ebene als auch auf EU-Ebene intensiv geführt wird. Für die Unternehmensverantwortung entlang der Lieferkette beim Handel und Umgang mit Mineralien aus Konfliktgebieten hat die OECD eine entsprechende Handlungsanleitung veröffentlicht, die seit 2015 auch in deutscher Sprache zur Verfügung steht (OECD-Leitsätze für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten). Primäres Ziel der Leitsätze ist die Eindämmung der Finanzierung von bewaffneten Konflikten aus Rohstofferlösen; zusätzlich soll deren Einhaltung schwere Menschenrechtsverletzungen, insbesondere Kinderarbeit, vorbeugen helfen.

Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Unionssystems zur Selbstzertifizierung der Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette durch verantwortungsvolle Einführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten vorgelegt. Gestützt auf die o.g. OECD-Leitsätze behandelt der Verordnungsentwurf der Kommission Sorgfaltspflichtregelungen auf freiwilliger Basis in der Lieferkette, die bei Einfuhr der genannten Mineralien einzuhalten sind, um die Finanzierung von bewaffneten Auseinandersetzungen in Konflikt- und Hochrisikogebieten durch Erlöse aus deren Verkauf zu verhindern. Das Europäische Parlament hingegen hat sich für eine verpflichtende Regelung im Downstream-Bereich (d.h. entlang der gesamten Wertschöpfungskette) ausgesprochen. Inzwischen besteht ein grundsätzlicher Kompromiss zwischen dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat und der Europäischen Kommission zur Verbindlichkeit mit Fokus auf den Upstream-Bereich der Lieferkette. Im Trilog zwischen den Organen der EU müssen nun die weiteren Details ausgehandelt werden.

Für eine gezielte Verbesserung des Menschenrechtsschutzes fördert die Bundesregierung ein Forschungsvorhaben des DIMR, durch das ausgewählte Nationale Menschenrechtsinstitutionen in Partnerländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in ihrer Arbeit im Bereich Rohstoffe gestärkt werden. Im Rahmen der technischen Zusammenarbeit werden in den Andenländern menschenrechtliche Risikoanalysen vor Ort durchgeführt. Eine Anfang 2016 von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe vorgestellte Grundlagenstudie hat die Auswirkungen des Bergbaus auf die Menschenrechte eingehend analysiert (Human Rights Risks in Mining - A Baseline Study). Die Bundesregierung fördert zudem insbesondere in Afrika (Mali, DR Kongo) eine konfliktsensible Bewirtschaftung von Rohstoffen: Vertreter von Regierung, Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft und betroffene Bürger werden miteinander in einen Dialog gebracht, um gegenseitige Interessen partizipativ und konfliktsensibel in Ausgleich zu bringen.

Maßnahme

Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, die Finanzierung von bewaffneten Auseinandersetzungen in Konflikt- und Hochrisikogebieten durch Erlöse aus dem Verkauf von Zinn, Tantal, Wolfram, Erzen und Gold zu verhindern. Sie setzt sich für verbindliche Regelungen von Sorgfaltspflichten ein. Diese sollten verhältnismäßig sein und keine unnötigen bürokratischen Belastungen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen verursachen.

3. Unterstützungsangebote zur praktischen Umsetzung

Die Bundesregierung möchte insbesondere kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützen, die umfassenden Anforderungen und Erwartungen an die unternehmerische Sorgfaltspflicht im Bereich der Menschenrechte (Kapitel III) umzusetzen.

Status Quo

Hierzu gibt es bereits eine Reihe von Maßnahmen und Angeboten. Eine Auswahl bestehender und geplanter Maßnahmen wird im Folgenden näher beschrieben:

  • Das Nationale CSR-Forum, das 2009 durch das BMAS ins Leben gerufen wurde, setzt sich aus 41 hochrangigen Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, der Wissenschaft und Vertretern der beteiligten Bundesministerien zusammen. Zu den wesentlichen Aufgaben des Nationalen CSR-Forums gehören die Beratung der Bundesregierung bei der Weiterentwicklung der nationalen CSR-Strategie sowie die Entwicklung von Empfehlungen zu einzelnen Themen. Unter Federführung des BMAS wurde 2010 im Nationalen CSR-Forum ein Nationaler Aktionsplan zu CSR beraten und entwickelt. Die im Rahmen des Aktionsplans durchgeführten Maßnahmen und Aktivitäten haben eine Vielzahl von Unternehmen erreicht. Im Beschluss des Nationalen CSR-Forums vom 30. August 2012 hat sich das Forum für "eine intelligente Kombination aus freiwilligen Maßnahmen und nötigenfalls ergänzenden Vorschriften ausgesprochen" (S. 11). Über das ESF-Förderprogramm "Gesellschaftliche Verantwortung im Mittelstand" wurden weit über 3.000 KMU zum Thema beraten und qualifiziert sowie CSR-Netzwerke in den Regionen verstetigt. Im Kontext des CSR-Forums sind zahlreiche Fachveranstaltungen durchgeführt worden, um Unternehmen in der Anwendung von Sorgfaltspflichten zu beraten.
  • Informationen und Handlungsanleitungen für Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen stellt das BMZ insbesondere über die Finanzierung des Deutschen Global Compact Netzwerks (DGCN) zur Verfügung. Bereits seit 2004 fördert das BMZ in enger Abstimmung mit dem AA das DGCN. Das Netzwerk wird aus dem Zusammenschluss der deutschen Unterzeichner des UN Global Compact gebildet, zu dessen Kernprinzipien die Achtung fundamentaler Menschenrechte und Arbeitsnormen gehört. Als wirtschaftsgetriebenes Multi-Stakeholder-Forum bietet das DGCN bereits seit 2008 Trainings zur Umsetzung menschenrechtlicher Verantwortung von Unternehmen auf der Managementebene an.
  • Die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung des BMZ ist 2015/2016 ausgebaut worden und berät Unternehmen im Hinblick auf entwicklungspolitische Unterstützungsangebote und Informationsangebote bei Aktivitäten in Entwicklungs- und Schwellenländern. Ergänzend bietet die ILO bereits seit 2009 mit einem Helpdesk eine Serviceeinrichtung, die Multinationale Unternehmen in der Praxis bei der Umsetzung internationaler Arbeitsstandards unterstützt und zur konkreten Rechtslage in den einzelnen Ländern berät.
  • Bereits seit 2012 fördert die Bundesregierung die Informationsplattform Business and Human Rights Ressource Center. Hier konnte 2014 erfolgreich eine deutsche Sprachfassung zur Verfügung gestellt werden. Die Website gibt Informationen zu menschenrechtlichen Herausforderungen nach Regionen, Themen und Risikogruppen, aber auch nach Unternehmen.
  • Die Industrie- und Handelskammern sind bereits sehr aktiv in der Vermittlung von Handlungsanleitungen an Unternehmen. Auslandshandelskammern können Unternehmen über die rechtliche und tatsächliche Lage im Ausland informieren. Die AHK betreiben in einigen Ländern, in Kooperation mit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sog. "CSR-Kompetenzzentren", die über CSR-Maßnahmen beraten.

Maßnahmen

I. Helpdesk und Erstberatung
  • Die Bundesregierung wird die Berichterstattung und Beratung durch die Auslandsvertretungen substantiell verstärken, unter Einbindung der weiteren Säulen der Außenwirtschaftsförderung (AHK, GTAI). Zu diesem Zweck wird auch die Beratungskompetenz im Themenfeld "Wirtschaft und Menschenrechte" in der Aus- und Fortbildung stärker fokussiert.
  • Innerhalb der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung des BMZ, die die Wirtschaft als One-Stop-Shop zu entwicklungspolitischen Fördermöglichkeiten in Entwicklungs- und Schwellenländern berät, wird ein Helpdesk für Wirtschaft und Menschenrechte eingerichtet. Zentrale Aufgabe des Helpdesk ist die Erst- und Verweisberatung sowie die Sensibilisierung für den Themenkomplex. Die Agentur dient Unternehmen und der verfassten Wirtschaft als erste Anlaufstelle und verweist auf bestehende Angebote, Ansprechpartner und Netzwerke. Das Angebot der Agentur wird durch Beratung im Rahmen bestehender Netzwerke an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit (EZ-Scouts, ExperTS) ausgeweitet und unterstützt.
II. Informationsangebote und Best-Practice-Beispiele
  • Der CSR-Preis der Bundesregierung zeichnet vorbildliche Unternehmen für ihre Leistungen im Bereich Nachhaltigkeit aus. Er ist zugleich ein Lernpreis, da jedes Unternehmen eine Auswertung seiner individuellen Nachhaltigkeitsleistung erhält. Das verantwortungsvolle Management von Lieferketten wird künftig durch die Verleihung eines zusätzlichen Sonderpreises thematisiert.
  • Die Website www.csr-in-deutschland.de wird zurzeit zum zentralen Informationsportal der Bundesregierung zum Thema Unternehmensverantwortung weiterentwickelt. Die wichtigsten Aktivitäten und Maßnahmen der Bundesregierung sollen dort ressortübergreifend und kohärent dargestellt werden.
  • Das Informationsangebot in deutscher Sprache wird durch die Erstellung von Leitfäden und die Förderung des Business and Human Rights Ressource Center auch zukünftig weiter gefördert.
III. Schulungs- und Dialogangebote
  • Das Beratungs- und Trainingsangebot des Deutschen Global Compact Netzwerk wird ausgebaut und u.a. durch ein mehrstufiges Angebot an Webseminaren bis hin zu einzelnen Elementen menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht und praxisrelevanten Fragestellungen ergänzt.
  • Als drittgrößter Beitragszahler fördert die Bundesregierung im besonderen Maße die Unterstützungsangebote der internationalen Arbeitsorganisation. Der ILO-Helpdesk for Business on International Labour Standards hilft Unternehmen, internationale Arbeits-und Sozialstandards richtig anzuwenden. Neben einer informativen Website werden zeitnah auch vertrauliche individuelle Beratung sowie Schulungen angeboten.
  • In Zusammenarbeit mit Unternehmensnetzwerken werden bundesweit Praxistage für KMU veranstaltet. Diese bieten Unterstützung, Information und Austausch mit anderen Unternehmen zu verantwortungsvollem Management von Lieferketten sowie zu einer qualitativ hochwertigen Nachhaltigkeitsberichterstattung.
IV. Globales Level-Playing-Field schaffen
  • Die Bundesregierung wird sich in multilateralen Foren (wie etwa G20, EU, ASEM) und in enger Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen (wie etwa ILO, OECD, VN) dafür einsetzen, global gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Dazu wird der Beschluss der G7-Staats- und Regierungschefs zu nachhaltigen Lieferketten weiter konkretisiert, um international zu einem gemeinsamen Verständnis von Sorgfaltspflicht und nachhaltigem Lieferkettenmanagement zu kommen.

4. Zugang zu Abhilfe und Wiedergutmachung gewährleisten

Als Teil ihrer Pflicht, Schutz gegenüber mit Unternehmen zusammenhängenden Menschenrechtsverletzungen zu gewähren, müssen Staaten geeignete Maßnahmen treffen, um durch gerichtliche, administrative, gesetzgeberische oder andere geeignete Mittel dafür Sorge zu tragen, dass die Betroffenen Zugang zu wirksamer Abhilfe haben, sofern solche Verletzungen in ihrem Hoheitsgebiet und/oder unter ihrer Jurisdiktion vorkommen.

4.1 Zugang zu Recht und Gerichten für Betroffene

Zivilgerichtlicher Rechtsschutz in Deutschland

Deutschland verfügt über eine unabhängige und effizient arbeitende Justiz. Wer sich durch Handlungen eines Unternehmens im Inland in seinen Rechten verletzt sieht, kann Ansprüche vor den deutschen Zivilgerichten geltend machen. Auch wer sich durch Handlungen eines deutschen Unternehmens im Ausland in seinen Rechten verletzt sieht, kann in Deutschland klagen, und zwar grundsätzlich am Sitz des Unternehmens. Das deutsche internationale Zivilverfahrensrecht enthält auch weitere Regeln, wonach bei bestimmten Rechtsverletzungen im Ausland, die einen hinreichenden Inlandsbezug aufweisen, die deutschen Gerichte angerufen werden können (z.B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO).

Das deutsche Zivilprozessrecht enthält Mechanismen, die den Zugang zu den deutschen Zivilgerichten erleichtern. So besteht für bedürftige Betroffene die Möglichkeit, sich der Prozesskostenhilfe zu bedienen. Diese übernimmt nach einer Prüfung der Bedürftigkeit des Antragstellers und der Erfolgsaussichten der Klage die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Rechtsanwalts – je nach dem Grad der Bedürftigkeit – ganz oder teilweise. Prozesskostenhilfe für ein deutsches Verfahren erhält auch, wer nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Auch können alle im europäischen Wirtschaftsraum ansässigen juristischen Personen (zum Beispiel Opferverbände) unter den Voraussetzungen der Zivilprozessordnung Prozesskostenhilfe erhalten. Die deutsche Zivilprozessordnung sieht mit der Streitgenossenschaft und der objektiven Klagehäufung auch Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes vor.

Sanktionierungsmöglichkeit von Unternehmen nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht

Repressiv können Unternehmen zudem für strafrechtsrelevantes Verhalten von Leitungspersonen, worunter auch unternehmensbezogene Menschenrechtsverletzungen fallen können, über das Ordnungswidrigkeitenrecht direkt zur Verantwortung gezogen und mit Geldbußen von bis zu zehn Millionen Euro belegt werden. Höhere Geldbußen können verhängt werden, wenn zusätzlich der wirtschaftliche Vorteil der Tat abgeschöpft wird.

Förderung von Abhilfemechanismen in Drittstaaten

Mit Blick auf mögliche Menschenrechtsverletzungen entlang von Lieferketten ist die Stärkung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratisierung in betroffenen Drittstaaten von großer Bedeutung, weil damit die Rahmenbedingungen für die Einführung wirksamer Abhilfemechanismen vor Ort geschaffen werden.

Einen Teil dazu trägt die 1992 von der Bundesregierung ins Leben gerufene Deutsche Stiftung für internationale Rechtliche Zusammenarbeit (IRZ) bei. Die IRZ berät in zwischenzeitlich annähernd 30 Partnerstaaten bei der Reformierung des Rechtssystems und des Justizwesens. Dabei berät die IRZ ihre Partnerstaaten auch bei der Reformierung des gesamten Prozessrechts: sowohl im Zivil- (Wirtschaftsprozess-) als auch im Strafprozessrecht sowie im Verwaltungsprozessrecht einschließlich der Schaffung von Verwaltungsgerichtsbarkeiten, ebenso wie im Vollstreckungsrecht. Dabei befasst sich die IRZ auf unterschiedlichen Ebenen auch mit den Fragen der Ausgestaltung einer effektiven Prozesskostenhilfe (legal aid), um einen Zugang zur Justiz zu gewährleisten. Auch alternative Streitbeilegungsmöglichkeiten wie Schiedsgerichtsbarkeit oder Mediation sind Themen der IRZ-Arbeit.

Naturgemäß berät die IRZ nicht nur im Verfahrensrecht, sondern gerade auch im materiellen Recht: zu den unterschiedlichen Regelungsbereichen im Zivil- und Wirtschaftsrecht wie z.B. zu den Zivilgesetzbüchern, zum Schutz des geistigen Eigentums, zum Insolvenzrecht ebenso wie zum Strafrecht und dergleichen mehr.
Damit gehen zahlreiche Fortbildungen für die Rechtsanwender einher, um dem reformierten Recht auch in der täglichen Umsetzung zur Geltung zu verhelfen. Hiermit soll eine verbesserte Transparenz von Gerichtsurteilen durch nachvollziehbare richterliche Arbeit und durch Urteilsbegründungen erreicht werden, was langfristig zu mehr Rechtssicherheit, zu mehr Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit und so zu mehr Vertrauen der Gesellschaft in die Justiz beitragen soll.

Maßnahmen
  • Betroffene von Menschenrechtsverletzungen können die vorhandenen Rechtsschutzmechanismen nur nutzen, wenn sie darüber hinreichend informiert sind. Die Bundesregierung wird zu diesem Zweck eine mehrsprachige Informationsbroschüre „Zugang zu Recht und Gerichten für Betroffene in Deutschland“ erarbeiten, die potenziell Betroffenen einen verständlichen Überblick über ihre zivilprozessualen Rechtsschutzmöglichkeiten in Deutschland gibt.
  • Die Bundesregierung bereitet derzeit die im Koalitionsvertrag vorgesehene Einführung einer Hinterbliebenenentschädigung vor. Danach sollen die Hinterbliebenen bei der Tötung eines nahen Angehörigen einen Geldanspruch gegen den Verursacher der Tötung erhalten, als Symbol für das seelische Leid der Hinterbliebenen und als Geste des Mitgefühls, des Respekts und der Solidarität.
  • Die bestehenden Regelungen zur Sanktionierung von Unternehmen für strafrechtlich relevantes Verhalten werden, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, ausgebaut. Es werden konkrete und nachvollziehbare Zumessungsregelungen für Unternehmensbußen geschaffen.
  • Die von der Bundesregierung ins Leben gerufene IRZ-Stiftung berät ihre Partnerstaaten auch in den für den Bereich Wirtschaft und Menschenrechte wesentlichen Gebieten des Prozessrechts und des materiellen Rechts und mit Blick auf die Gewährleistung des Zugangs zur Justiz. Im Rahmen der V. Internationalen Konferenz der Rechtsausschüsse (der Parlamente der IRZ-Partnerstaaten) im Oktober 2016 wurden unter dem Generalthema "Politik-Wirtschaft-Menschenrechte" unter anderem auch Fragen der CSR und der Korruptionsbekämpfung erörtert.
  • Bereits heute gibt es Unternehmen, die eigenen Beschäftigten und Externen die Möglichkeiten bieten, im Rahmen von unternehmensinternen und branchenbezogenen Beschwerdeverfahren auf mögliche oder tatsächliche Verstöße gegen Menschenrechte hinzuweisen. Die Bundesregierung wird zukünftig gute Beispiele sichtbar machen und die Einrichtung solcher Maßnahmen fördern.

4.2 Nationale Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze

Bereits seit 2001 fungiert die Nationale Kontaktstelle (NKS) für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen als außergerichtlicher Beschwerdemechanismus. Sie ist im BMWi angesiedelt und hat die Aufgabe, über die OECD-Leitsätze zu informieren und deren Bekanntheit und Einhaltung zu fördern. Zudem trägt die NKS zur Lösung von Problemen bei, die sich bei der Umsetzung der Leitsätze ergeben. Dazu prüft sie eingehende Beschwerden und bietet den Beschwerdeparteien bei Zuständigkeit eine Mediation an. Die NKS ist u.a. für Beschwerden hinsichtlich der unzureichenden Achtung von Menschenrechten und der unzureichenden Berücksichtigung von Menschenrechten bei der Sorgfaltspflicht der Unternehmen gemäß den OECD-Leitsätzen zuständig. Die OECD-Leitsätze stützten sich in ihrer überarbeiteten Fassung von 2011 mit spezifischen Empfehlungen für die Achtung der Menschenrechte durch die Unternehmen explizit auf die VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Der Beschwerdemechanismus nach den OECD-Leitsätzen dient damit der Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

Die NKS entscheidet in Abstimmung mit dem Ressortkreis "OECD-Leitsätze" sowie mit dem Arbeitskreis "OECD-Leitsätze". Im Ressortkreis sind vertreten: AA, BMAS, BMEL, BMF, BMJV, BMUB und BMZ. Die Entscheidungen der NKS werden in Abstimmung mit diesem Ressortkreis getroffen. Mitglieder des Arbeitskreises sind neben den genannten Ressorts auch das DGCN, Vertreter der Wirtschaftsverbände, der Gewerkschaften und der Nichtregierungsorganisationen. Der Arbeitskreis bietet die Gelegenheit, aktuelle Themen rund um die Leitsätze zu erörtern. Die Mitglieder des Arbeitskreises werden zudem über den Eingang und Ergebnisse von Beschwerdeverfahren informiert. Erläuterungen zum Beschwerdeverfahren (einschließlich Informationen zu eingegangenen Beschwerden und deren Bearbeitung) sind auf der Homepage des BMWi im Internet zugänglich und wurden 2014 gemeinsam mit dem Arbeitskreis überarbeitet.

Im Rahmen des G7-Prozesses unter deutschem Vorsitz hat sich die Bundesregierung 2015 für eine Stärkung von Mechanismen eingesetzt, welche Zugang zu Abhilfe bei Menschenrechtsverletzungen ermöglichen. Die G7 haben zu diesem Zweck die OECD aufgefordert, Peer Reviews von Nationalen Kontaktstellen durchzuführen. Die deutsche NKS wird im 2. Quartal 2017 durch ein Peer Review evaluiert.

Maßnahme

Die deutsche NKS wird künftig in ihrer Öffentlichkeitsarbeit verstärkt auf die OECD-Leitsätze hinweisen, für deren Einhaltung werben und die Bekanntheit der NKS und ihrer besonderen Rolle als wirkungsvoller außergerichtlicher Beschwerdemechanismus zur Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte erhöhen. Sie wird dazu neu aufgestellt und weiter gestärkt. Dazu wird eine eigene Organisationseinheit innerhalb des BMWi geschaffen. Zudem wird die NKS personell verstärkt.

Politikkohärenz sicherstellen

Die Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte soll die Kräfte aller Beteiligten bündeln, Anreize für eine Verbesserung der menschenrechtlichen Lage entlang der Lieferketten und in Investitionszielländern schaffen und schwere Menschenrechtsverletzungen im Wirtschaftskontext verhindern. Diese Anstrengungen ergänzen einander, ersetzen aber nicht die primäre Verpflichtung derjenigen Staaten, in deren Territorien sich Produktionsstandorte befinden, einen Schutz vor Menschenrechtsverletzungen zu geben oder eventuell eingetretene Folgen dieser Handlungen zu beseitigen (Schutz- und Gewährleistungspflicht des Staates). Keines der Elemente dieses Aktionsplans kann in einer Weise ausgelegt werden, welche die Jurisdiktion eines anderen Staates oder die Zuständigkeit ausländischer und inländischer Gerichtsbarkeit begründet. Die Stärkung der Staaten als Pflichtenträger muss durch die Förderung allgemeiner rechtsstaatlicher Strukturen weiter vorangetrieben werden.

Damit die Politik der Bundesregierung im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte erfolgreich ist, werden die zuständigen Institutionen alle relevanten Politikfelder kohärent darauf ausrichten. Dazu werden die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen zwischen den Ressorts abgestimmt durchgeführt.

Es muss auch dafür Sorge getragen werden, dass Ministerien und Behörden auf nationaler Ebene, aber auch Länder- und Kommunalbehörden befähigt werden, in einer Weise zu handeln, die mit den menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und mit diesem Aktionsplan im Einklang steht. Die Bundesregierung wird sich weiterhin auch auf globaler Ebene für ein gemeinsames Verständnis der Sorgfaltspflichten einsetzen. In der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung haben sich alle Staaten verpflichtet, u.a. dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum und menschenwürdige Arbeit zu fördern. Die Bundesregierung sieht sich als Vorreiterin bei der Umsetzung der Agenda und setzt sich auf nationaler und internationaler Ebene für ein robustes Monitoring ein.

Maßnahmen

  • Es wird ein interministeriellen Ausschuss gegründet (vgl. Kapitel VI), der die Kohärenz und die Umsetzung der ergriffenen Maßnahmen überprüft. Das nationale CSR-Forum der Bundesregierung wird die Aktivitäten der Ministerien zur Umsetzung des NAP begleiten und der Bundesregierung entsprechende Handlungsempfehlungen vorlegen.
  • Die Bundesregierung wird entsprechende Schulungsangebote schaffen, um betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den obersten Bundesbehörden - einschließlich der deutschen Auslandsvertretungen - im Thema Wirtschaft und Menschenrechte zu schulen.

Monitoring

Der Nationale Aktionsplan markiert den Ausgangspunkt eines Prozesses, der kontinuierlich fortgeschrieben und weiterentwickelt wird. Dieser wird gestaltet durch die Umsetzung der in diesem Text genannten geplanten Maßnahmen sowie ein umfangreiches Monitoringverfahren der Umsetzung dieser Maßnahmen durch alle Akteure.

Um dies zu gewährleisten, plant die Bundesregierung (vorbehaltlich der haushälterischen Bewilligung) die sofortige Umsetzung der folgenden Schritte:

  • Zur Begleitung des Monitoring wird ein ständiger Ressortkreis (interministerieller Ausschuss – IMA) unter Federführung des Auswärtigen Amtes einberufen. Das federführende und andere betroffene Ressorts werden zur Wahrnehmung ihrer neuen, zusätzlichen Aufgaben mit dem notwendigen Personal und Budget ausgestattet.
  • Der IMA wird die Umsetzung und Kohärenz der ergriffenen Maßnahmen überprüfen und die Weiterentwicklung des Umsetzungsprozesses des NAP vorantreiben. Zu überprüfende Handlungsfelder werden insbesondere die Maßnahmen im Bereich der staatlichen Schutzpflicht (öffentliche Beschaffung, Außenwirtschaftsförderung etc.) sowie Konkretisierung der Sorgfaltspflichten (vgl. Kapitel III) einschließlich der geplanten Spezifizierung auf Branchenebene und entsprechenden Unterstützungsangeboten sein.
  • Die NAP-Steuerungsgruppe aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Gewerkschaften wird in das bestehende Nationale CSR-Forum der Bundesregierung integriert. Das Forum wird die Aktivitäten des IMA zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans begleiten und der Bundesregierung entsprechende Handlungsempfehlungen aussprechen. Der IMA wird dem CSR-Forum hierzu regelmäßig berichten.
  • Die Überprüfung des Umsetzungsstandes hinsichtlich der in Kapitel III beschriebenen Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt durch Unternehmen wird durch eine ab 2018 jährlich nach wissenschaftlichen Standards durchgeführte Erhebung erfolgen. Dies geschieht auf der Basis einer repräsentativen Stichprobe über die Anzahl der Unternehmen, die die unter Kapitel III angeführten Elemente der Sorgfaltspflicht eingeführt haben, sowie eine qualitative Befragung zur inhaltlichen Tiefe und Herausforderungen bei der Umsetzung dieser Maßnahmen in den Unternehmen. Maßstab dieser Überprüfung wird die in Kapitel III formulierte Zielvorgabe sein.
  • Auf dieser Grundlage wird überprüft, ob mindestens 50% aller in Deutschland ansässigen Unternehmen mit über 500 Beschäftigten bis 2020 die in Kapitel III beschriebenen Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt in ihre Unternehmensprozesse integriert haben. Hierzu gehört auch, dass die Unternehmen, wenn sie bestimmte Verfahren und Maßnahmen nicht umsetzen, darlegen können, warum dies nicht geschehen ist ("Comply or Explain"-Mechanismus). Zur Vorbereitung der Überarbeitung des Nationalen Aktionsplans 2016 – 2020 wird ein aktualisierter Statusbericht angefertigt.

Abkürzungsverzeichnis

AA:
Auswärtiges Amt
AHK:
Außenhandelskammer
ASEM:
The Asia-Europe Meeting
BKAmt:
Bundeskanzleramt
BMAS:
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
BMF:
Bundesministerium der Finanzen
BMJV:
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
BMUB:
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
BMWi:
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
BMZ:
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
CSR:
Corporate Social Responsibility
DIA:
Direktinvestitionen im Ausland
DGCN:
Deutsches Global Compact Netzwerk
DIHK:
Deutscher Industrie- und Handelskammertag
DIMR:
Deutsches Institut für Menschenrechte
DNK:
Deutscher Nachhaltigkeitskodex
EU:
Europäische Union
EKG:
Exportkreditgarantien
GTAI:
Germany Trade and Invest
IFC:
International Finance Corporation
ILO:
Internationale Arbeitsorganisation
IMA:
Interministerieller Ausschuss
IRZ:
Deutsche Stiftung für internationale Rechtliche Zusammenarbeit
KNB:
Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung beim Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern
KMU:
Kleine und mittlere Unternehmen
NAP:
Nationaler Aktionsplan
NKS:
Nationale Kontaktstelle
OECD:
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
PCGK:
Bund Public Corporate Governance Kodex des Bundes
UFK:
Ungebundene Finanzkredite
VN:
Vereinte Nationen

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