Im dritten Unternehmensworkshop der Dialogreihe #FaireLieferketten ging es um die Umsetzung der Sorgfaltspflichten in der tieferen Lieferkette. Ziel war es, eine Diskussion über die spezifischen Herausforderungen bei Risikoanalyse, Umsetzung von Maßnahmen und dem Dialog mit Stakeholdern und Rechteinhabenden in der tieferen Lieferkette in verschiedenen Branchen näher zu beleuchten. Der Workshop sollte dazu beitragen, Lösungsansätze für die praktischen Herausforderungen durch Anpassung des eigenen Verhaltens und in Kooperation zur Lösung struktureller Herausforderungen in der tieferen Lieferkette zu entwickeln.
Im Folgenden finden Sie die wesentlichen Ergebnisse des 3. Workshops:
Startpunkt – Risikobasierter Ansatz, Bemühenspflicht keine Erfolgspflicht
Die größten Risiken für Menschenrechtsverletzungen und schädliche Umweltauswirkungen bestehen oft nicht beim unmittelbaren Zulieferer, sondern tiefer in den Lieferketten. Ausgangspunkt für die Risikoanalyse muss der risikobasierte Ansatz sein, bei dem Unternehmen ihre Ressourcen zielgerichtet einsetzen, um Risiken und Verletzungen entlang der Lieferketten zu identifizieren und zu managen. Der Fokus sollte auf systemischen Hotspots und realistischen Einflussmöglichkeiten liegen. Unternehmen haben einen großen Entscheidungsspielraum, welche Risiken und Verletzungen sie prioritär angehen, welche Maßnahmen sinnvoll sind und auf welche (risikobehafteten) Zulieferer sie sich besonders konzentrieren. Das LkSG verpflichtet die Unternehmen dabei nur, rechtlich und tatsächlich mögliche Maßnahmen in der tiefen Lieferkette zu ergreifen (Bemühenspflicht, keine Erfolgspflicht).
Viele Unternehmen haben als ersten Ansatz ein flächendeckendes Versenden von Fragebögen gewählt. Dieser Ansatz trägt nicht zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten bei, sondern erzeugt viel unnötige Bürokratie bei Zulieferern im In- und Ausland.
Hindernisse – Fehlende Transparenz, Änderungen im Netzwerk
Eine wesentliche Herausforderung besteht in komplexen, sich verändernden und intransparenten Lieferkettenstrukturen. So sind die mittelbaren Zulieferer oft nicht bekannt. Die unmittelbaren Zulieferer fürchten Wettbewerbsnachteile, wenn sie z.B. als Händler Informationen über ihre Geschäftspartner preisgeben. Zulieferer mit großer Marktmacht, wie beispielweise im Rohstoffbereich, erschweren teilweise auch die Rückverfolgbarkeit.
Darüber hinaus ist jedes Problem in der tieferen Lieferkette kontextabhängig, so dass keine Musterlösungen existieren. Hinzu kommt, dass in Unternehmen teilweise noch das Credo vorherrscht "Nachhaltigkeit darf nichts kosten", sodass nicht immer ausreichend Spielraum besteht, um die Themen effektiv anzugehen.
Wichtig ist zudem, dass die Politik Kontinuität und Planungssicherheit bei den Rahmenbedingungen bietet. Die Unternehmen fordern einen verbindlichen Rechtsrahmen, der nicht permanent in Frage gestellt wird.
Individuelle Handlungsmöglichkeiten – Eigener Einkauf, Internes Wissen bündeln
Ein wesentliches Ergebnis des Workshops ist, dass das Einkaufs- und Beschaffungsverhalten eines der wichtigsten und effektivsten Instrumente ist, um Risiken und Verletzungen zu minimieren. Lieferzeiten, Preisdruck, kurzfristige Änderungen von Fristen und Produktspezifikationen, Kurzfristigkeit von Vertragsbeziehungen und knappe Zahlungsziele beeinflussen maßgeblich die Fähigkeit von Zulieferern, Menschenrechte und Umwelt zu schützen.
Zudem ist es für Unternehmen auch wichtig, internes Wissen der verschiedenen Abteilungen zu bündeln und gezielt bspw. für ihre Risikoanalyse einzusetzen.
Ein weiteres Instrument ist die Nutzung eines Code of Coduct für unmittelbare Zulieferer, mit dem die Erwartungshaltung an deren Verhalten in Bezug auf mittelbare Zulieferer kommuniziert wird. Auch können Schulungen für Zulieferer angeboten werden. Wenn die Zulieferer und Interessenvertretungen aus der tieferen Lieferkette bekannt sind, kann im Ausnahmenfall auch eine direkte Ansprache erfolgen.
Handlungsfelder für Kooperationen – Synergien durch Zusammenarbeit
Kooperationen mit anderen Unternehmen können bereits bei der abstrakten Risikobetrachtung in bestimmten Branchen oder Ländern, oder bezogen auf bestimmte Rohstoffe sinnvoll sein und wertvolle Synergien schaffen. Ein strukturelles und gemeinsames Angehen lohnt sich auch bei häufig wechselnden Lieferbeziehungen oder in Kontexten, in denen eine Rückverfolgbarkeit nicht möglich ist (z. B. Kleinstbergbau oder kleinbäuerliche Strukturen). Unterstützung durch die Politik kann dabei durch die Begleitung eines Branchendialoges oder der Bereitstellung von Informationen zu Risiken erfolgen.
Eine Möglichkeit der Zusammenarbeit ist die Vereinbarung branchenweiter Lieferantenkodizes, die bestenfalls im Multi-Stakeholder-Prozess entwickelt werden, sowie eine gegenseitige Vereinbarung, dass der Code akzeptiert wird. Im Rahmen solcher Kooperation können auch gemeinsame Maßnahmen vor Ort umgesetzt werden. Im Workshop wurde betont, wie wichtig hierbei die Einbeziehung von Stakeholdern vor Ort bei der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen ist.
Ziel – Kenntnis der Risiken im tieferen Liefernetzwerk, Maßnahmen (weiter) entwickeln
Langfristiges Ziel sollte es sein, die prioritären Risiken in der tieferen Lieferkette zu identifizieren und sie durch Maßnahmen vorzubeugen oder zu minimieren sowie Verletzungen zu verhindern oder zu beenden. Es wird von Unternehmen nicht erwartet, dass sie alle Lieferketten exakt nachverfolgen und eine vollständige Transparenz herstellen. Oft genügt eine gewisse Kenntnis über die Themen in den jeweiligen Produktionsländern und Branchen. Bei der Umsetzung der Maßnahmen kommt es in erster Linie auf das Bemühen an. Zudem sollten Unternehmen unter Einbeziehung von und im Dialog mit Stakeholdern agieren und den Ansatz stay and improve verfolgen (Unterstützungsleistungen, Brancheninitiativen).
Das Workshop-Programm im Rückblick
Hier geht es zum genauen Ablauf des Workshops
- 10:00 Uhr
- Begrüßung
- 10:10 Uhr
- Kurze Einführung durch Ulrike Geith (Referatsleiterin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Anne-Kathrin Röthemeyer (Referatsleiterin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz)
- 10:20 Uhr
- Key Note von Michael Windfuhr, Stellvertretender Direktor des Deutschen Institutes für Menschenrechte: Verbesserungen von Lebens- und Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten – beyond tier 1
- 10:50 Uhr
- Fragerunde
- 11:10 Uhr
- Kurze Pause
- 11:15 Uhr
- Impulse aus der Unternehmenspraxis zur Lösung der Herausforderungen in der tieferen Lieferkette
- 12:30 Uhr
- Mittagspause
- 13:30 Uhr
- Herausforderungen, Entwicklungen und Grenzen bei der Umsetzung von Sorgfaltspflichten in der tieferen Lieferkette mit Malte Drewes (Fachlicher Leiter, Helpdesk WiMR) und Richard Wilhelm (Referatsleiter, Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle)
- 14:00 Uhr
-
Gruppenarbeit zu folgenden Themen:
- Tisch 1: Herausforderungen und Lösungsansätze bei der Risikoanalyse in der tieferen Lieferkette
- Tisch 2: Prävention und Abhilfe in der tieferen Lieferkette durch Anpassung des eigenen Verhaltens
- Tisch 3: Strategien zur Verbesserung struktureller Herausforderungen in der tieferen Lieferkette durch Kooperation
- 16:00 Uhr
- Kaffeepause
- 16:15 Uhr
- Vorstellung Ergebnisse und Diskussion
- 16:45 Uhr
- Verabschiedung
- 17:00 Uhr
- Ende der Veranstaltung