Ferdinand Geckeler im BMW Museum.
Dr. Oliver Winter von BMW.
Bauer in Bangladesch.
Ferdinand Geckeler erläutert in der Wechselausstellung „BMW I – VISIONARY MOBILITY“ im BMW Museum München den Ansatz der BMW Group zur Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht: „Menschenrechtsfragen finden ganzheitlich in der strategischen Ausrichtung unseres Unternehmens Berücksichtigung.“
Aus Sicht von Dr. Oliver Winter kommt neben der Befähigung der Lieferanten auch der Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine zentrale Bedeutung in der Menschenrechtsstrategie der BMW Group zu.
In Bangladesch hat die BMW Group ein Projekt durchgeführt, um Transparenz in die Wertschöpfungskette der Kenaf-Pflanze zu bringen, deren Fasern z.B. für die Innenverkleidung des BMW i3 verwendet werden, und die Einkommenssituation der Kleinbauern zu verbessern.
Die Sicherstellung der Achtung der Menschenrechte ist seit fast 15 Jahren erklärter Teil des Unternehmensleitbilds der BMW Group. Mit den zunehmend globalisierten Produktions- und Vertriebsnetzen geht insbesondere eine soziale Verantwortung einher. Um dieser Verantwortung nachzukommen, haben wir seither in Eigenregie und durch die Beteiligung an Brancheninitiativen und -kooperationen Maßnahmen und Verfahren systematisiert, um menschenrechtliche Risiken zu identifizieren und zu minimieren
, erklärt Ferdinand Geckeler, der bei der BMW Group das Thema Nachhaltigkeit im Einkauf und Lieferantennetzwerk verantwortet.
Verankerung der menschenrechtlichen Sorgfalt im Beschaffungsprozess als wesentliches Element, um die definierten Sozial- und Umweltstandards wirksam durchzusetzen
Eine wesentliche Bedeutung komme der Verankerung der menschenrechtlichen Sorgfalt im Beschaffungsprozess zu. Um die Einhaltung der Sozial- und Umweltstandards wirksam durchzusetzen, die sowohl an den eigenen Unternehmensstandorten als auch für die Lieferanten gelten, sei es erforderlich, diese schon in Warengruppenstrategien und vor allem im Vergabeprozess als Entscheidungskriterien mit aufzunehmen, erläutert Geckeler. Der BMW Group Nachhaltigkeitsstandard für das Lieferantennetzwerk, der Umwelt- und Sozialstandards definiert, ist bereits seit 2008 für Bauteile der BMW-Modelle und seit 2014 für alle BMW-Produkte fester Bestandteil der Anfrageunterlagen für Lieferanten. Konkret bedeutet das, dass alle abgegebenen Angebote der Lieferanten die Nachhaltigkeitsanforderungen der BMW Group berücksichtigen müssen. Der branchenspezifische Lieferantenfragebogen, der gemeinsam mit anderen Automobilherstellern in der Initiative Drive Sustainability entwickelt wurde, hilft bei der Einschätzung der Lieferanten.
Unserer Erfahrung nach führt eine solche Standardisierung der Anforderungen zu einer gesteigerten Effizienz
, erläutert Dr. Oliver Winter, Leiter des Center of Competence "Human Rights Management" im BMW Group Compliance Committee Office. Zum einen steigern wir unseren Einfluss, wenn wir als Branche gemeinsame Erwartungen an unsere Lieferanten formulieren. Zum anderen geht es uns auch darum, die Lieferanten bei der Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfalt mitzunehmen, ihnen Doppelarbeit zu ersparen und sie dazu zu befähigen, ein tiefgehendes Verständnis für die Nachhaltigkeitskriterien zu entwickeln.
Anforderungen der BMW Group sind für Lieferanten ein bedeutsamer Faktor bei der Umsetzung von Maßnahmen, die dazu beitragen, die Achtung der Menschenrechte sicherzustellen.
Eine Befragung von beauftragten Lieferanten, die gemeinsam mit der Universität Ulm im Rahmen einer Masterarbeit durchgeführt wurde, habe bestätigt, dass die Integration des Nachhaltigkeitsfragebogens in den Beschaffungsprozess entscheidend für die Wirksamkeit bei der Implementierung von Sozial- und Umweltstandards sei, ergänzt Ferdinand Geckeler. So gab ein Großteil der befragten Lieferanten der BMW Group an, der wichtigste Treiber bei der Umsetzung von Maßnahmen wie der Bestimmung eines Nachhaltigkeitsbeauftragten im Unternehmen oder einer transparenten Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsthemen seien entsprechende Anforderungen der BMW Group, die im Nachhaltigkeitsfragebogen adressiert wurden – gesellschaftliche oder regulatorische Anforderungen waren hier weniger ausschlaggebend
Ferdinand Geckeler führt dies auch darauf zurück, dass BMW die definierten Umwelt- und Sozialstandards nicht nur abfragt, sondern im Vergabeprozess die Ergebnisse konsequent berücksichtigt. So wurden beispielsweise im Jahr 2018 193 Lieferantenstandorte nicht beauftragt, weil sie nicht glaubhaft nachweisen konnten, bestimmte Nachhaltigkeitskriterien zumindest bis zum Produktionsstart umzusetzen. Kommt es zu einer Beauftragung, wird die Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte vertraglich festgehalten: Alle Lieferantenverträge der BMW Group enthalten spezifische Klauseln, die sich auf die Prinzipien des UN Global Compact und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) beziehen.
Die BMW Group formuliert in den Verträgen auch die Erwartung an die Lieferanten, ihrerseits sicherzustellen, dass ihre Zulieferer die Menschenrechte achten. Geckeler gesteht jedoch offen ein, dass es für ein Großunternehmen wie die BMW Group mit etwa 12.000 direkten Lieferanten "nahezu unmöglich" sei, vollständige Transparenz in jede einzelne Produktlieferkette zu bringen. Wenn wir von Lieferketten sprechen, dann klingt das nach einer klar rückverfolgbaren Abfolge von Prozessschritten", so Geckeler. "In Wirklichkeit haben wir es jedoch mit komplexen und höchst dynamischen Lieferantennetzwerken mit vielen Handelsstufen zu tun, in denen die einzelnen Akteure wiederum auf verschiedenste Weise miteinander verbunden sind oder Rohstoffe z. B. über Börsen gehandelt werden. Diese Netzwerke sind deshalb für uns oft nicht vollständig transparent.
Steckbrief BMW Group
- Branche: Automobilindustrie
- Besonderer Fokus auf Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfalt:
- Grundsatzerklärung der Unternehmen, die Menschenrechte zu achten (NAP-Kernelement 1)
- Verfahren, die dazu dienen, tatsächliche und potenziell nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte zu ermitteln (NAP-Kernelement 2)
- Maßnahmen, die potenzielle negative Auswirkungen verhindern sollen und Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen (NAP-Kernelement 3)
- Website: BMWGroup.com
Mithilfe spezifischer Risikofilter priorisiert die BMW Group Wertschöpfungsketten für Bauteile und Materialien, für die besondere menschenrechtliche Risiken bestehen.
Entscheidend sei es daher, Wertschöpfungsketten bestimmter Bauteile und Materialien zu priorisieren, für die besondere menschenrechtliche Risiken bestehen. Um diese zu identifizieren, wendet die BMW Group Risikofilter an, die sowohl länder- als auch produktgruppenspezifische Risiken abdecken. In Bezug auf die in der Produktion der Fahrzeuge verwendeten Rohstoffe hat die BMW Group bereits 2012 in der unternehmensinternen Materialstrategie Rohstoffe und Materialien identifiziert, die aus Nachhaltigkeitssicht besonders kritisch sind – etwa, weil mit ihrer Gewinnung oder Verarbeitung menschenrechtliche Risiken oder Umweltschäden einhergehen können. Die BMW Group hat sich das Ziel gesetzt, bis 2022 vollständige Transparenz in die Lieferketten zu bringen, die sogenannte Konfliktmineralien verarbeiten – d. h. Rohstoffe, deren Abbau, Transport oder Handel mit der Finanzierung von Konflikten und Menschenrechtsverletzungen in Verbindung stehen.
Für ausgewählte Bauteile, die als Nachhaltigkeits-Leuchtturmprojekte definiert wurden oder Lieferketten, die aus Risikosicht priorisiert wurden, führt die BMW Group detaillierte Lieferketten-Assessments durch. Ein Beispiel ist ein gemeinsam mit der GIZ und der Zertifizierungsorganisation Rainforest Alliance in Bangladesch durchgeführtes Projekt, um Transparenz in die Wertschöpfungskette der Kenaf-Pflanze zu bringen, deren Fasern z. B. für die Innenverkleidung der Türen des BMW i3 verwendet wurden. Dem Rohstoff komme eine strategische Bedeutung in der Fahrzeugproduktion zu, da die Fasern bis zu 40 Prozent leichter als herkömmlicher Kunststoff und zugleich sehr stabil seien, erläutert Geckeler.
Als zentrales menschenrechtliches Risiko wurde im Rahmen des Assessments mittels Vor-Ort-Interviews durch lokale NGOs die teilweise prekäre Einkommenssituation der Kenaf-Bauern identifiziert. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, wurden seit 2015 knapp 1.000 Kleinbauern in Bangladesch zu Möglichkeiten geschult, Erntemenge und Qualität der angebauten Pflanzen zu steigern. Mit großem Erfolg, so Ferdinand Geckeler: Die Bauern, die an den Schulungen und Coachings teilgenommen haben, konnten durch die gesteigerte Produktivität und Qualität wesentlich höhere Einkommen erzielen.
Der Exporteur der Fasern kauft diese direkt bei den geschulten Bauern ein und beliefert damit einen Zulieferer der Firma Dräxlmaier, welche ebenfalls an dem Projekt beteiligt ist und für die BMW Group Bauteile anfertigt. So kann die BMW Group sicherstellen, dass die Fasern tatsächlich Bestandteil der Bauteile der Firma Dräxlmaier sind und somit in den i3 gelangen.
Kodex zu Menschenrechten und Arbeitsbedingungen soll Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Geschäftspartner befähigen, potenzielle Menschenrechtsrisiken selbstständig zu identifizieren.
Neben der Befähigung der Lieferanten und Sublieferanten legt die BMW Group einen weiteren Schwerpunkt auf die Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Menschenrechtsthemen. Im Jahr 2018 hat die BMW Group einen Kodex zu Menschenrechten und Arbeitsbedingungen veröffentlicht, der die anfangs genannte gemeinsame Erklärung ergänzt und für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Lieferanten und autorisierte Vertriebspartner gilt.
In dem Kodex werden das Bekenntnis der BMW Group zur Achtung der Menschenrechte, deren Stellenwert im Unternehmen sowie die Verantwortlichkeiten und Prozesse für die Umsetzung im Sinne der UN-Leitprinzipien ausdrücklich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommuniziert. Wichtig war uns auch, gemeinsam mit Stakeholdern wie NGOs und Menschenrechtsorganisationen Menschenrechte zu identifizieren, die für die BMW Group besonders relevant sind
, so Dr. Oliver Winter. Durch den konkreten Fokus auf spezifische Menschenrechte soll der Kodex Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BMW Group sowie Geschäftspartner des Unternehmens befähigen, potenzielle Menschenrechtsrisiken selbstständig zu identifizieren und ihnen entgegenzuwirken. Dahinter stehe die Botschaft Lauft mit offenen Augen herum – und wenn ihr mögliche Hinweise auf Menschenrechtsrisiken erkennt, sprecht diese an oder meldet euch bei uns
, erklärt Dr. Winter.
Für die Kunden der BMW Group spielen neben der Qualität zunehmend auch Nachhaltigkeitsaspekte und die Achtung der Menschenrechte eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung.
In der Wahrnehmung der BMW Group ist das gesellschaftliche Bewusstsein für die menschenrechtlichen Risiken, die z. B. mit dem Abbau bestimmter Rohstoffe verbunden sind, in den letzten Jahren deutlich gestiegen – und damit auch die Erwartung, dass Unternehmen entlang der Lieferkette Verantwortung tragen für ihr unternehmerisches Handeln und dessen Auswirkungen. Diese Anforderungen an Unternehmen zeigten sich nicht nur in den regulatorischen Entwicklungen, etwa der Verabschiedung des NAP und des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes in Deutschland oder des Inkrafttretens des Modern Slavery Acts in Großbritannien, der die BMW Group als global agierendes Unternehmen ebenfalls betrifft,Wir versprechen als Unternehmen Premiummobilität – damit verbinden auch unsere Kunden immer stärker nicht nur Qualitäts-, sondern auch Nachhaltigkeitsanforderungen.
Aus diesem Grund berichtet die BMW Group mittlerweile im Integrierten Konzernbericht über Nachhaltigkeitsbelange unter anderem über die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht des Unternehmens.
Lesen Sie hier: Der Integrierte Konzernbericht von BMW im Detail – ein Beispiel aus den Handlungsanleitungen des Branchendialoges Automobilindustrie
Konkret waren für mehr als 55% der befragten Lieferanten die Anforderungen der BMW Group der wichtigste Beweggrund, einen Nachhaltigkeitsbeauftragten im Unternehmen zu bestimmen; bei der Entscheidung, eine transparente Nachhaltigkeitsberichterstattung umzusetzen, waren sie für mehr als 45% der Lieferanten der ausschlaggebende Treiber.
Die im Modern Slavery Act verankerte Berichterstattungspflicht gilt für Unternehmen, die Geschäftsaktivitäten in Großbritannien haben und insgesamt mehr als 36 Millionen Pfund (ca. 41 Millionen Euro) jährlich umsetzen.
Hinweis
Die Inhalte der Texte wurden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nicht auf ihre Richtigkeit überprüft. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben übernimmt das BMAS daher keine Gewähr