Geschäftsführer Christopher Haas in einer Industriehalle.
Geschäftsführer Christopher Haas im Dialog.
Geschäftsführer Christopher Haas am Unternehmensstandort in Wiesbaden.
Geschäftsführer Christopher Haas im Austausch mit einem Mitarbeiter in einer Industriehalle.
Christopher Haas sieht das menschenrechtliche Engagement als Teil der Zukunftsstrategie des Unternehmens.
An seinem Unternehmensstandort in Wiesbaden produziert Haas & Co u.a. Magnetfolien und technische Magnete.
Das deutsche Familienunternehmen Haas & Co. Magnettechnik (kurz: Haas & Co.) aus dem hessischen Wiesbaden beschäftigte sich erstmals im Jahr 2011 systematisch mit der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht in globalen Lieferketten. Auf das Thema wurde das Unternehmen aufmerksam, als ein großer Kunde die Berichterstattung über Aktivitäten im Bereich der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen (Corporate Social Responsibility, kurz: CSR) zum Kriterium für die Auswahl der Geschäftspartner*innen machte. Zuvor, räumt Geschäftsführer Christopher Haas ein, habe es im Unternehmen kein klares Verständnis davon gegeben, was CSR oder die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht ausmache.
Am Anfang stand die Identifizierung der menschenrechtlichen Risiken
Haas & Co. begann damit, ein Mapping seiner Magnet-Wertschöpfungskette zu erstellen. Aufbauend darauf identifizierte das Unternehmen menschenrechtliche Risiken der eigenen Geschäftstätigkeit und stellte dabei schnell fest, dass diese vor allem im Bereich der Lieferkette lagen. Das Unternehmen produziert und vertreibt beispielsweise Magnetfolien und technische Magnete sowie magnetische Sonderanfertigungen. Die Rohstoffe stammen zum Großteil aus asiatischen Ländern, wo sie abgebaut und zu Vorprodukten weiterverarbeitet werden, welche Haas & Co. anschließend in Deutschland an die konkreten Produktanforderungen anpasst.
Die Lieferkette in der Magnetbranche sei zu dem Zeitpunkt, als Haas & Co. sich erstmals tiefergehend damit befasste, ein „schwarzes Loch“ gewesen, so Christopher Haas. Es habe kaum verlässliche Untersuchungen zu Produktions- und Abbaubedingungen der Rohstoffe gegeben. Die wenigen Informationen, die zu den Arbeitsbedingungen in den Rohstoffminen verfügbar waren, deuteten auf erhebliche menschenrechtliche Risiken hin, zum Beispiel im Bereich Gesundheitsschutz oder angemessene Bezahlung. Als problematisch identifizierte Haas & Co. insbesondere die Abbaubedingungen des Rohstoffs Neodym, der zu den Seltenen Erden gehört und fast ausschließlich in China vorzufinden ist. Gleichzeitig ist die Nachfrage groß: Aus dem Rohstoff Neodym werden die derzeit stärksten Permanentmagnete hergestellt, die zum Beispiel in Smartphones, Lautsprechern und Windkraftanlagen eingesetzt werden.
Umdenken der Lieferant*innen beim Thema Menschenrechte
Im Kontakt zu seinen direkten Lieferant*innen und Geschäftspartner*innen in China, welche die Rohstoffe weiterverarbeiten, hat Haas & Co. die Achtung der Menschenrechte in den Einkaufsbedingungen festgeschrieben. Christopher Haas besucht seit mehreren Jahren regelmäßig die Produktionsstätten. Die langjährigen Geschäftsbeziehungen zu seinen Lieferant*innen haben zum Aufbau eines Vertrauensverhältnisses beigetragen, berichtet der Geschäftsführer. Sie haben zudem ein Umdenken der Lieferant*innen hinsichtlich von Maßnahmen zur Sicherstellung der Achtung der Menschenrechte bewirkt.
Einen Ansatzpunkt bot das chinesische Neujahrsfest, der wichtigste chinesische Feiertag. Abseits ihrer Heimatgebiete arbeitende Chines*innen sparen in der Regel ihren gesamten Jahresurlaub, um dann mehrere Wochen mit ihrer Familie zu verbringen. In der Vergangenheit kehrten viele Arbeiter*innen – teils bis zu 50 Prozent der Belegschaft – anschließend nicht zurück, sodass der Betrieb in den Wochen nach dem Fest viele ungeschulte Arbeiter*innen beschäftigen musste. Das wirkte sich negativ auf die Qualität der Ware aus. Um die Rückkehrquote zu steigern und so auch möglichen Reklamationen entgegenzuwirken, willigte der Zulieferer ein, Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit von Mitarbeiter*innen am Arbeitsplatz zu erhöhen.
Beispielsweise wurde erstmals Arbeitsschutzkleidung zur Verfügung gestellt und so angepasst, dass sie auf die Bedürfnisse der Belegschaft zugeschnitten wurde – zuvor waren Maßnahmen für mehr Arbeitssicherheit als reine „Kosten ohne Ertrag“ betrachtet worden und die Arbeitnehmer*innen sahen sich nicht in der Lage solche einzufordern. Der chinesische Lieferant machte die Erfahrung, dass solche Maßnahmen, die den Betrieb kaum etwas kosteten, große Wirkung zeigten. So stieg die Rückkehrquote nach dem Neujahrsfest auf etwa 85 Prozent an.
Gemeinsam mit unserem Geschäftspartner in China konnten wir Präventivmaßnahmen zu den identifizierten menschenrechtlichen Risiken vor Ort erarbeiten. Wir waren selbst überrascht, was wir bei unseren Lieferanten bewirken können.
Steckbrief Haas & Co. Magnettechnik GmbH
- Branche: Mineralische Rohstoffe, Fachhandel
- Besonderer Fokus auf Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht:
- Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte (NAP-Kernelement 1)
- Maßnahmen zur Abwendung potenziell negativer Auswirkungen und Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen (NAP-Kernelement 3)
- Website: Haas-Magnettechnik.com
Partnerschaften und Netzwerke als Schlüssel der Menschenrechtsstrategie
Um potenziell nachteiligen Auswirkungen auf die Menschenrechte in der Lieferkette entgegenzuwirken, beteiligt sich das Unternehmen außerdem an einer Forschungskooperation mit der Fraunhofer-Projektgruppe für Werkstoffkreisläufe. Ziel des Forschungsprojekts ist es, den Stoff Neodym, bei dessen Abbau radioaktives Material freigesetzt wird, durch Recycling mehrfach in den Produktionskreislauf zu bringen.
In der Branche bestehe kaum ein Bewusstsein für die Anforderungen, die sich für Unternehmen aus der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht ergeben, berichtet Christopher Haas. Daher sei es schwierig, Mitstreiter*innen für einen Testlauf des Recyclings von Neodym zu gewinnen. Um auf die menschenrechtlichen Risiken in der Metalllieferkette aufmerksam zu machen und dafür weiter zu sensibilisieren, hat Christopher Haas die Brancheninitiative „Fair Magnet“ mitgegründet. Ziel ist es, ein Siegel für die faire Produktion von Magneten einzuführen – die Kriterien der Zertifizierung werden derzeit in Kooperation mit einer chinesischen Hochschule entwickelt.
DNK-Entsprechenserklärung: Erwartungen und Werte klar kommunizieren
Seit 2018 berichtet Haas & Co. zur Erfüllung des Deutschen Nachhaltigkeitskodexes (DNK) im Rahmen einer Erklärung zu den 20 DNK-Kriterien. Diese Erklärung enthält neben Werten und Prinzipien, denen sich das Unternehmen verpflichtet, auch eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte. Selbstverpflichtungen des Unternehmens und Anforderungen an die Geschäftspartner*innen, die sich unter anderem aus den Lieferant*innenbedingungen und dem „Leitbild Ehrbarer Kaufleute“ der Industrie-und Handelskammer Wiesbaden ergeben, das Haas & Co. 2017 erstmalig und 2019 überarbeitet unterzeichnet hat, werden in der DNK-Erklärung aufgegriffen. Christopher Haas sieht neben der einheitlichen Zusammenführung der Unternehmensverpflichtungen den Vorteil einer DNK-Erklärung darin, dass Erwartungen und Werte klar kommuniziert werden können – sowohl intern als auch extern gegenüber Lieferant*innen sowie Kund*innen.
Als mittelständisches Familienunternehmen mit etwa 25 Mitarbeiter*innen möchte Haas & Co. zeigen, dass die Umsetzung systematischer Verfahren und Maßnahmen, um die Achtung der Menschenrechte sicherzustellen, auch für kleinere Unternehmen machbar ist. Die Zusammenarbeit und der Aufbau von Partnerschaften und Netzwerken – sowohl mit Lieferant*innen als auch mit Forschungseinrichtungen und gleichgesinnten Unternehmen – sei für die systematische Umsetzung von Maßnahmen im Bereich der Menschenrechte entscheidend, betont Christopher Haas.
Seine Mitarbeiter*innen stehen voll hinter dem Engagement des Unternehmens: Für sie ist es ein Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens. Haas & Co. könne dadurch ein Stück weit dem Fachkräftemangel entgegenwirken, so der Geschäftsführer. Denn für Mitarbeiter*innen und Bewerber*innen werde die Identifikation mit den Unternehmenswerten immer wichtiger. Verändert haben sich auch die Beziehungen zu den Lieferant*innen – durch das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen habe sich die Zuverlässigkeit der Geschäftspartner*innen erhöht und die Qualität der Ware „erheblich verbessert“, so Christopher Haas. Er sieht das Engagement seines Unternehmens auch als Teil der Zukunftsstrategie. Haas ist sich sicher: Um langfristig unternehmerisch erfolgreich zu sein, müssen rohstoffverarbeitende Unternehmen ihren Fokus stärker auf Maßnahmen legen, die sicherstellen, dass Menschenrechte geachtet werden – in Deutschland und weltweit.
Hinweis
Die Inhalte der Texte wurden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nicht auf ihre Richtigkeit überprüft. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben übernimmt das BMAS daher keine Gewähr.