Mit großem Engagement treibt die Bundesregierung die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) voran. Um die Themen Wirtschaft und Menschenrechte miteinander in Einklang zu bringen und die ordnungsgemäße Umsetzung relevanter Richtlinien und Rahmenwerke zu gewährleisten, hat sie verschiedene institutionelle Strukturen geschaffen – darunter u.a. der Interministerielle Ausschuss für Wirtschaft und Menschenrechte (IMA) sowie die Nationale Kontaktstelle (NK) der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen.
Ferner initiierte die Bundesregierung unter Beteiligung von Wirtschaft und Zivilgesellschaft eine Reihe von Multi-Stakeholder-Initiativen, die sich gleichermaßen für das Wohl von Mensch und Umwelt einsetzen. Worin sich die einzelnen Initiativen in ihrer Schwerpunktsetzung unterscheiden und welche Unterschiede die verschiedenen Maßnahmen aufweisen, wird auf den folgenden Seiten beleuchtet.
Interministerieller Ausschuss für Wirtschaft und Menschenrechte (IMA)
Die Bundesregierung hat zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans (NAP) einen Interministeriellen Ausschuss für Wirtschaft und Menschenrechte (IMA) unter Vorsitz des Auswärtigen Amtes eingesetzt. Seine Aufgabe ist es, die ergriffenen Maßnahmen zur Umsetzung des NAPs zu überprüfen und die Weiterentwicklung des NAP-Prozesses voranzutreiben. Zu überprüfende Handlungsfelder sind insbesondere die Maßnahmen im Bereich der staatlichen Schutzpflicht sowie die Konkretisierung der Sorgfaltspflichten einschließlich der geplanten Spezifizierung auf Branchenebene und entsprechender Unterstützungsangebote. Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Menschenrechte im Nationalen CSR-Forum werden hierbei berücksichtigt. Dem IMA gehören zehn Ministerien (AA, BMF, BMI, BMWK, BMJ, BMAS, BMEL, BMFSFJ, BMUV, BMZ) sowie das Bundeskanzleramt mit Beobachtungsstatus an. Die Mitglieder des IMA kommen in der Regel alle zwei Monate zusammen. Die Ministerien berichten im IMA regelmäßig über den Stand der staatlichen Vorhaben zur Stärkung von Wirtschaft und Menschenrechten, wie sie im NAP vorgesehen sind. Eine zentrale Aufgabe des IMA besteht außerdem darin, die Evaluierung des Umsetzungstandes der im NAP beschriebenen Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt durch Unternehmen zu veranlassen, zu begleiten und zu steuern (NAP-Monitoring) und die Entwicklung des Folge-NAP voranzutreiben.
Förderung von Unternehmen
Subventionen
Subventionen bedürfen stets einer besonderen Rechtfertigung und einer regelmäßigen Erfolgskontrolle, da die Begünstigung Einzelner zu Lasten der Allgemeinheit längerfristig in der Regel schädliche Folgen hat. Um die Transparenz, den Rechtfertigungsdruck und die Steuerungsmöglichkeiten im Subventionswesen zu erhöhen, folgt die Bundesregierung subventionspolitischen Leitlinien, die als Selbstbindung der Politik für die von ihr zu verantwortenden Maßnahmen zu verstehen sind. Gemäß der Leitlinien vom 28. Januar 2015 wird im Rahmen der Subventionsberichterstattung der Bundesregierung eine Nachhaltigkeitsprüfung durchgeführt. In ihrem Mittelpunkt steht die Abwägung der Auswirkungen der Maßnahmen aus ökologischer, ökonomischer und sozialer Perspektive, die insbesondere Zielkonflikte in den Blick nimmt. Sie orientiert sich an den Zielen, Indikatoren und Prinzipien der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS), die an der VN-Agenda 2030 und deren Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) ausgerichtet ist. Die Nachhaltigkeitsprüfung berücksichtigt damit die Anforderungen der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Die Bundesregierung wird prüfen, wie Unternehmen, die signifikante Subventionen erhalten, künftig dazu verpflichtet werden können, die im Nationalen Aktionsplan beschriebenen Elemente der Sorgfaltspflicht anzuwenden.
Nationale Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze als zentrale Beschwerdeinstanz
Bereits seit 2001 gibt es die Nationale Kontaktstelle (NKS) für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen als außergerichtlichen Beschwerdemechanismus. Sie ist im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz angesiedelt und hat die Aufgabe, über die OECD-Leitsätze zu informieren und deren Bekanntheit und Einhaltung zu fördern. Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen stellen als Verhaltenskodex für verantwortliches Handeln von Unternehmen im internationalen Kontext Empfehlungen der Regierungen an die Wirtschaft dar. Als Teil der Erklärung der OECD über internationale Investitionen und multinationale Unternehmen sind die OECD-Leitsätze rechtlich nicht verbindlich, entsprechen aber der Erwartung der Bundesregierung an das Verhalten deutscher Unternehmen bei ihren grenzüberscheitenden Aktivitäten. Die Leitsätze fordern von den Unternehmen beispielsweise, "die international anerkannten Menschenrechte der von ihrer Tätigkeit betroffenen Personen zu respektieren". Die NKS prüft eingehende Beschwerden u.a. hinsichtlich der unzureichenden Achtung von Menschenrechten und bietet den Beschwerdeparteien bei Annahme der Beschwerde eine Mediation an. Die NKS wird im Zuge der NAP-Umsetzung als zentraler Beschwerdemechanismus für Projekte der Außenwirtschaftsförderung aufgewertet. Unternehmen, die bestimmte Instrumente der Außenwirtschaftsförderung in Anspruch nehmen wollen, müssen an gegen sie gerichtete Beschwerdeverfahren vor der deutschen NKS teilnehmen. Für die Teilnahme von Unternehmen an Reisen der Leitung des BMWK kann die konstruktive Teilnahme an einem Beschwerdeverfahren vor der NKS ebenfalls berücksichtigt werden.
Unterstützungsangebote
Die Bundesregierung möchte Unternehmen dabei unterstützen, die umfassenden Anforderungen und Erwartungen an die unternehmerische Sorgfaltspflicht im Bereich der Menschenrechte umzusetzen. Aus diesem Grund fördert die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen und Aktivitäten unterschiedlichster Institutionen und Anlaufstellen, die Informationen, Schulungen und Beratungsangebote zur Umsetzung der Menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht bereitstellen. Durch das Nationale CSR-Forum wird unter anderem sichergestellt, dass der Unterstützungsbedarf, den Unternehmen zur erfolgreichen Umsetzung ihrer Sorgfaltspflicht haben, kontinuierlich an die Bundesregierung kommuniziert wird und das Angebot – wenn möglich – entsprechend angepasst werden kann.
Hier finden Sie detaillierte Informationen zu den Unterstützungsangeboten der Bundesregierung und zu weiteren Informations-, Schulungs- und Beratungsstellen. Darüber hinaus ist hier eine Vielzahl allgemeiner und branchenspezifischer Leitfäden zusammengestellt.
Außerdem wird seit 2017 im Rahmen des CSR-Preises der Bundesregierung ein Sonderpreis für verantwortungsvolles Lieferkettenmanagement verliehen. Der Preis soll einen Lernprozess in Unternehmen anstoßen – jedes am Wettbewerb teilnehmende Unternehmen erhält eine individuelle Auswertung seiner Nachhaltigkeitsaktivitäten. Hier finden Sie weitere Informationen zum CSR-Preis der Bundesregierung.
Branchendialoge
Im Rahmen der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) führt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Branchendialoge durch. Ziel der Dialoge ist es, Unternehmen in Branchen mit besonderen menschenrechtlichen Herausforderungen Orientierung zu bieten und sie dabei zu unterstützen, die NAP-Anforderungen zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht angemessen umzusetzen. Dadurch leisten sie einen Beitrag, um die menschenrechtliche Lage in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten zu verbessern.
Hier finden Sie mehr Informationen zu den Branchendialogen.
Der Grüne Knopf
Weltweit arbeiten mehr als 60 Millionen Menschen, um unsere Kleidung herzustellen, die meisten von ihnen in Entwicklungs- und Schwellenländern. In vielen Produktionsländern gibt es noch immer 16-Stunden-Arbeitstage, Löhne, die kaum zum Leben reichen, Kündigung bei Schwangerschaft oder Krankheit, Verschmutzung von Luft und Wasser. Die Corona-Krise hat diese Situation vielerorts noch weiter verschärft.
Die Sicherheitsmaßnahmen sind oft ungenügend, was 2013 mit dem Einsturz der maroden Rana Plaza-Textilfabrik in Bangladesch mehr als deutlich wurde. Damals starben über 1.000 Näherinnen. Eine solche Tragödie darf sich nicht wiederholen.
Damit Verbraucher*innen bewusst nachhaltige Kleidung kaufen können, hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein staatliches Textilsiegel eingeführt: den Grünen Knopf. Das Besondere: Das staatliche Siegel verbindet erstmals Anforderungen an Textilien und an das ganze Unternehmen. Es wird extern geprüft, ob das Unternehmen Verantwortung für seine textile Lieferkette übernimmt. Einzelne Vorzeigeprodukte reichen nicht aus.
Wo ist der Grüne Knopf in der Kleidung zu finden?
Der Grüne Knopf wird gut sichtbar – als Symbol – angebracht: am Etikett, direkt auf dem Produkt oder auf der Verpackung.
Gibt es nicht schon Siegel für fairen Einkauf?
Genau das ist das Problem. Bei den unterschiedlichen Siegeln blicken viele Verbraucher*innen nicht mehr durch. Einige Siegel konzentrieren sich auf faire Arbeitsbedingungen, andere auf strenge Umweltkriterien. Der Grüne Knopf schafft Klarheit: er baut auf bestehenden, anspruchsvollen Siegeln auf und stellt sicher, so dass das Produkt hohe soziale und ökologische Anforderungen erfüllt. Zusätzlich wird das gesamte Unternehmen überprüft. Gibt es Beschwerdemöglichkeiten für die Näherinnen vor Ort? Legt es Risiken in seiner Lieferkette offen? Schafft es Missstände ab? Das ist das Besondere am Grünen Knopf. Einzelne Vorzeigeprodukte reichen alleine nicht aus. Das gesamte Unternehmen muss sich zu Nachhaltigkeit verpflichten.
Ist der Grüne Knopf ein rein deutsches Siegel?
Nein, der Grüne Knopf ist ein internationales Siegel, das als europäische Unionsgewährleistungsmarke eingetragen ist. Der Grüne Knopf entspricht EU- und WTO-Recht, die Prüfungen finden auf Grundlage harmonisierter internationaler Normen statt.
Außerdem kann der Grüne Knopf als "Green Button" auch als englischsprachige Version genutzt werden.
Welche Kriterien sind einzuhalten?
Ein Produkt, wie z.B. ein T-Shirt oder ein Rucksack, muss 26 soziale und ökologische Kriterien erfüllen – von A wie Abwassergrenzwerten bis Z wie Zwangsarbeitsverbot. Der Grüne Knopf prüft nicht selbst die herstellenden Betriebe in der Lieferket-te. Nachgewiesen wird die Einhaltung dieser Anforderungen durch Vorlage eines anerkannten Siegels.
Darüber hinaus wird das gesamte Unternehmen anhand 20 weiterer Kriterien überprüft: Kommt es seinen menschenrechtlichen und ökologischen Sorgfaltspflichten in der textilen Lieferkette nach? Schafft es Missstände ab? Gibt es Beschwerdemöglichkeiten für die Näherinnen und Näher vor Ort?
Wie wird der Grüne Knopf geprüft?
Unabhängige Zertifizierungsstellen kontrollieren die Erfüllung der Kriterien. Bevor sie für den Grünen Knopf prüfen dürfen, müssen die Auditorinnen und Auditoren ein umfassendes Schulungsprogramm mit Zulassungsprüfung zu den Themen der unternehmerischen Sorgfaltspflichten sowie zum Prüfprozess des Grünen Knopfs durchlaufen.
Die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) berät bei der Sicherstellung verlässlicher Audits.
Kann der Grüne Knopf für die öffentliche beschaffung genutzt werden?
Ja. Der Grüne Knopf kann für die nachhaltige öffentliche Beschaffung in der EU genutzt werden. So können beispielsweise Krankenhäuser, Polizeidienststellen oder Kommunen die Kriterien des Grünen Knopfs nutzen, um etwa Arztkittel, Hemden und andere Textilien nachhaltig zu beschaffen.
Der Grüne Knopf unterstützt Beschaffungsstellen dabei, die Nachhaltigkeitskriterien des staatlichen Siegels auf unterschiedliche Weise in den Beschaffungsprozess zu integrieren.
Im Rahmen des Beratungsangebots der Geschäftsstelle des Grünen Knopfs können sich Beschaffungsstellen bei der Einbindung von Nachhaltigkeitskriterien in Vergabeverfahren unterstützen lassen. Beschaffungsstellen können z.B. geprüfte Musterformulare in Anspruch nehmen sowie einer Kurzanleitung als Entscheidungshilfe zur konkreten Einbindung.
Wird bei den Produktkriterien die gesamte Lieferkette vom Grünen Knopf abgedeckt?
Der Grüne Knopf wurde Ende 2019 in der Version GK 1.0 eingeführt. In dieser Version gibt es Produktanforderungen für die Produktionsstufen "Zuschneiden und Nähen" (Konfektionierung) sowie "Bleichen und Färben" (Nassprozesse). Hier liegen zentrale soziale und ökologische Herausforderungen:
- Hier arbeiten 75 Millionen Menschen.
- Alle 100 Milliarden Kleidungsstücke, die jährlich hergestellt werden, durchlaufen diese Produktionsschritte.
- Tag für Tag leiten Färbereien durchschnittlich 2,5 Tonnen Chemikalien oft ungeklärt ins Abwasser.
- Und bei diesem Arbeitsschritt stürzte die Textilfabrik Rana Plaza ein.
Eine überarbeitete Version des Grünen Knopfs wird Ende 2021 vorgestellt. Die Version GK 2.0 wird erweiterte Anforderungen stellen.
Textilbündnis
Das Bündnis für nachhaltige Textilien wurde 2014 von ehemaligem Bundesentwicklungsminister Gerd Müller als Multi-Stakeholder Initiative initiiert. Im Rahmen dieser setzt sich die Bundesregierung gemeinsam mit Unternehmen, Verbänden, Nicht-Regierungsorganisationen und Gewerkschaften für soziale und ökologische Verbesserungen in der Textil- und Bekleidungsbranche entlang des gesamten textilen Lebenszyklus ein. Handlungsleitend sind die Achtung der Menschenrechte und das Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen. Die Ziele und Vorgehensweisen im Textilbündnis orientieren sich an internationalen Standards und Leitlinien für unternehmerische Sorgfaltspflichten von UN, ILO und OECD. Die mehr als 120 Mitglieder (Stand: Januar 2022) bündeln ihre Kräfte und bringen ihre Expertise und Stärken ein.
In diesem Sinne ist das Textilbündnis auch eine Plattform für Lernen und Dialog: In Expertengruppen und Arbeitstreffen tauschen sich die Mitglieder aus verschiedenen Akteursgruppen untereinander aus, profitieren von wechselnden Schulungsangeboten und entwickeln gemeinsam Best Practices. Zudem kooperiert das Textilbündnis in insgesamt acht strategischen Partnerschaften mit europäischen und internationalen Initiativen, um Best Practices in die Breite zu tragen, den Hebel für sein Engagement zu vergrößern und Doppelarbeit zu vermeiden. Die Kooperation mit anderen Brancheninitiativen und die Angleichung auf europäischer Ebene ist ein wichtiger Bestandteil und ein großes Anliegen des Bündnisses.
Situation in Produktionsländern verbessern
In Bündnisinitiativen engagieren sich mehrere Mitglieder unterschiedlicher Akteursgruppen direkt vor Ort in den Produktionsländern. Erst das koordinierte gemeinsame Vorgehen ermöglicht Fortschritte, die sie allein nicht schaffen könnten. Aktuell (Stand: Januar 2022) laufen fünf Bündnisinitiativen zu existenzsichernden Löhnen, Beschwerdemechanismen, Bio-Baumwolle, Abwasser und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im südindischen Tamil Nadu. Die Bündnisinitiative Chemikalien- und Umweltmanagement konnte bereits zum Abschluss gebracht werden.
Fortschritt transparent machen
Als zweite Säule sorgt das Textilbündnis über einen sogenannten Review-Prozess für stetige Zielverfolgung, Transparenz und Verbindlichkeit. In diesem werden Unternehmen bei der Umsetzung unternehmerischer Sorgfaltspflichten unterstützt, indem die Vorgaben und Empfehlungen von UN, ILO und OECD in entsprechende Formate und Tools übersetzt werden. Mit diesem Review Prozess hat das Textilbündnis gleichzeitig einen Umsetzungsrahmen sowie ein Berichtsformat für Sorgfaltspflichten entwickelt, die auch die Anforderungen gesetzlicher Regelungen abbilden sollen. So wurde die Anlehnung an den Sorgfaltspflichtenansatz im Zuge einer Überarbeitung des Review-Prozesses weiter gestärkt. Der Review-Prozess steht für die Verpflichtung kleiner, mittelständischer und großer Unternehmen der Textil- und Bekleidungsbranche, individuell Verantwortung für ihre Lieferkette zu übernehmen. Basierend auf einer Risikoanalyse arbeiten sie schrittweise daran, den schwerwiegendsten sozialen, ökologischen und Korruptionsrisiken in der Wertschöpfungskette effektiv vorzubeugen und sie zu mindern. Die Berichte der einzelnen Mitglieder veröffentlicht das Textilbündnis auf seiner Website.
Bündnismitglieder der Akteursgruppen Bundesregierung, Gewerkschaften, Verbände, Nichtregierungsorganisationen sowie Standardorganisation kommen einer angepassten Berichtspflicht nach.
Forum Nachhaltiger Kakao
Kakao erfreut sich in Deutschland großer Beliebtheit: Mit 430.000 Tonnen im Jahr 2020 ist Deutschland drittgrößter Rohkakao-Importeur weltweit und gleichzeitig auch größter Exporteur von Schokoladenprodukten. 2019 lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Schokoladenprodukten in Deutschland bei 9,2 Kilogramm. Der Anbau der Kakaofrucht geschieht jedoch zum Teil unter schwierigen Bedingungen: Kinderarbeit auf Plantagen, keine existenzsichernden Einkommen und die Benachteiligung von Frauen sind große menschenrechtliche Herausforderungen in der Lieferkette von Kakao.
Multi-Stakeholder-Bündnis für nachhaltigen Kakao
ist ein im Jahr 2012 ins Leben gerufener Zusammenschluss der Bundesregierung, vertreten durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), der deutschen Süßwarenindustrie, des deutschen Lebensmittelhandels sowie der Zivilgesellschaft. Im Forum sind aktuell über 70 Mitglieder aktiv.
Ziel des Forums ist es, Kakaobauern in den Produktionsländern auf dem Weg zu einem nachhaltigen Kakaoanbau zu unterstützen und bestehende Maßnahmen zu bündeln. Dazu gehört, die Lebensumstände der Kakaobauern und ihrer Familie zu verbessern, einen Beitrag zu ihrem gesicherten Lebensunterhalt beizutragen sowie die natürlichen Ressourcen und die Biodiversität in den Anbauländern zu schonen und zu erhalten. Erklärtes Ziel des Forums ist es zudem, den Anbau und die Vermarktung nachhaltig erzeugten Kakaos zu erhöhen. Bis 2025 soll ein Anteil von mindestens 85 Prozent des Kakaos in den von den produzierenden Mitgliedern des Forum Nachhaltiger Kakao in Deutschland verkauften kakaohaltigen Endprodukten nach Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert oder gleichwertig unabhängig verifiziert (z.B. Rainforest Alliance oder Fairtrade) sein. 2019 lag dieser Wert bei 74 Prozent, 2020 bei 83 Prozent. Langfristig soll der gesamte Kakao in den in Deutschland verkauften kakaohaltigen Endprodukten aus nachhaltigem Anbau stammen (siehe Nachhaltigkeitsdefinition des Forum Nachhaltiger Kakao).
Zusammen mit Partnerländern den nachhaltigen Kakaoanbau voranbringen
Die Mitglieder des Forums Nachhaltiger Kakao setzen sich dafür ein, Investitionen in die substantielle und nachhaltige Weiterbildung von Kakaobäuerinnen und -bauern zu unterstützen, die Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger Anbausysteme zu fördern sowie missbräuchliche Kinderarbeit in der Kakaoproduktion abzuschaffen. Das Forum bietet in diesem Rahmen eine Plattform für den Erfahrungsaustausch und die Vernetzung der Mitglieder, um gute Praktiken weiterzuentwickeln und anzuwenden. Indem die Maßnahmen in internationale Initiativen eingebettet werden, können Regierungen in den Partnerländern bei der Verbesserung der Produktion unterstützt werden. Derzeit werden 125 Projekte in 25 Kakaoanbauländer durch Mitglieder des Forums in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern durchgeführt, 66 davon in Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste). Die Elfenbeinküste ist der wichtigste Kakaoproduzent der Welt, rund 50 Prozent der gesamten deutschen Rohkakaoimporte stammen aus dem westafrikanischen Land. Ein wichtiges Projekt des Forums ist die Kooperation PRO-PLANTEURS der Bundesregierung mit der ivorischen Regierung, die die Professionalisierung von 30.000 Kakaobauern- und bäuerinnen und deren Familien an der Elfenbeinküste zum Ziel hat. Insbesondere Frauen sollen die Möglichkeit erhalten, ihr eigenes Einkommen zu optimieren und der Kakaoanbau soll für junge Menschen wieder attraktiver und auskömmlicher gestaltet werden.
Forum Nachhaltiges Palmöl
Palmöl ist in Alltagsprodukten allgegenwärtig und längst einer der wichtigsten nachwachsenden Rohstoffe weltweit – es wird in Nahrungsmitteln, Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmitteln, Kerzen und anderen Industrieprodukten verwendet. Kaum ein Wirtschaftsbereich kommt umhin, Palmöl zu nutzen, da es sich in seinen Eigenschaften ideal zur industriellen Weiterverarbeitung eignet. Der Ölpalmanbau ist jedoch mitunter problematisch: Regenwald wird brandgerodet, um neue Anbauflächen zu gewinnen, Kleinbauern werden vertrieben, bedrohte Tierarten wie Orang-Utans verlieren ihren Lebensraum und Böden werden durch Pestizide belastet.
Multi-Stakeholder-Initiative unter Beteiligung von Wirtschaft, Zivilgesellschaft und der Bundesregierung
Aufgrund der Vielseitigkeit von Palmöl in unserem Alltag und den schwierigen Anbaubedingungen unterstützt die Bundesregierung die Multi-Stakeholder-Initiative Forum Nachhaltiges Palmöl e.V. (FONAP). Das FONAP wurde im Jahr 2013 auf Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), einiger Unternehmen und des WWF gegründet. Das Bundesministerium für wirtschaftliche und Zusammenarbeit (BMZ) ist dem FONAP 2020 beigetreten. Das FONAP ist ein eingetragener Verein, in dem sich derzeit über 50 Mitglieder aus palmölverarbeitenden Unternehmen, Verbänden im Bereich Ernährung, Nachhaltigkeit und Zertifizierung, dem BMZ, BMEL und Nichtregierungsorganisationen engagieren. Alle Mitglieder des FONAP verpflichten sich, ausschließlich zertifiziertes, zu 100 Prozent nachhaltig produziertes Palm- und Palmkernöl in ihren Produkten zu verwenden.
Förderung von zertifiziertem, nachhaltig produziertem Palmöl in Deutschland
Ziel des FONAP ist die Förderung nachhaltig gestalteter Agrarlieferketten mit dem Fokus auf Palmöl. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Lieferkettentransparenz und dem sachlichen Dialog rund um den Rohstoff. Weiterhin sind das sichtbare Engagement in den Produzentenländern und der Erhalt der Artenvielfalt und die Wiederherstellung von Ökosystemen erklärtes Ziel von FONAP. Vor Ort sollen Arbeitsrechte stärker verankert und Kleinerzeuger*innen unterstützt werden. Derzeit akzeptiert das FONAP die vier Zertifizierungssysteme Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO), International Sustainability and Carbon Certification (ISCC PLUS), Rainforest Alliance (RA) sowie Roundtable of Sustainable Biomaterials (RSB) und versucht diese insbesondere in den Anforderungen an Transparenz und Nachhaltigkeit in Lieferketten zu verbessern. Die Mitglieder des FONAP streben unter anderem die Rückverfolgbarkeit der Lieferkette zur Sicherstellung des legalen Ölpalmanbaus an. Darüber hinaus sprechen sie sich für die Einhaltung von Zusatzkriterien wie beispielsweise den Stopp der Nutzung giftiger Pestizide sowie die Anwendung strenger Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen aus, die mittlerweile größtenteils in den Zertifizierungssystemen, bzw. RSPO, abgedeckt sind.
Ökologische und soziale Herausforderungen in der Lieferkette
Laut der neuesten Palmöl-Marktstudie des FONAP lag der Verbrauch von Palmöl in Deutschland im Jahr 2019 bei insgesamt 1,26 Millionen Tonnen, wovon 83 Prozent nachhaltig zertifiziert waren. Gleichzeitig sind mit dem Anbau der Ölpalme noch immer einige Herausforderungen verbunden: Da die Ölpalmen ausschließlich in tropischem Klima wachsen, werden für den Anbau oftmals großflächig Regenwälder abgeholzt und durch illegale Brandrodungen Treibhausgasemissionen freigesetzt. Darüber hinaus gehen mit dem Anbau von Ölpalmen oft Menschenrechtsverletzungen, mangelhafte Arbeitsbedingungen und soziale Ungerechtigkeit einher. Plantagenarbeiter und ihre Familien leben bedingt durch ihre Arbeit häufig selbst auf den Palmölplantagen, sodass den Kindern der Zugang zu Bildung verwehrt bleibt. Zudem gibt es Fälle, in denen die indigene Bevölkerung von ihren Ländereien vertrieben wird oder Kleinbauern mit Agrarkonzernen vor Ort um Wasser und andere grundlegende Ressourcen konkurrieren müssen. Wie Unternehmen bei der Umsetzung ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht unterstützt werden können, ist daher ein wichtiges Thema für das FONAP und seine Mitglieder.
Neben ordentlichen Mitgliedern können sich Unternehmen, die in der Herstellung, Weiterverarbeitung und dem Handel von Palmöl tätig sind, als sogenannte Supporter (Details dazu siehe www.forumpalmoel.org) des FONAP zur Förderung der nachhaltigen Palmölproduktion verpflichten, indem sie den Anteil an zertifiziertem Palmöl jährlich belegbar und ambitioniert erhöhen. Sie unterstützen die Mitglieder bei der Erfüllung der Selbstverpflichtung, inklusive der Zusatzkriterien, und der Rückverfolgbarkeit der Ware, indem sie mit Lieferanten in den Dialog treten und so die Transparenz und Legalität innerhalb der Lieferkette gewährleisten.
Engagement mit Signalwirkung
Das FONAP und seine Mitglieder setzen mit ihrer Initiative und Selbstverpflichtung ein klares Signal an Produktionsländer, Zertifizierungssysteme und die Öffentlichkeit, dass die palmölverbrauchenden Unternehmen in Deutschland ihre Verantwortung in den globalen Lieferketten wahrnehmen und die sozialen, ökonomischen und ökologischen Bedingungen in den Anbauländern verbessern wollen.
Initiative für nachhaltige Agrarlieferketten
Die Initiative für nachhaltige Agrarlieferketten (INA) versammelt mehr als 70 Akteure aus Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik. Sie versteht sich als offene Plattform und arbeitet über die Grenzen der jeweiligen Lieferketten hinweg. Gemeinsam wollen die Akteure durch ganzheitliche Lösungsansätze die Lebensbedingungen von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern verbessern und mehr Nachhaltigkeit in globale Agrarlieferketten bringen. Die INA konzentriert sich besonders darauf, natürliche Ressourcen zu schützen und existenzsichernde Löhne und Einkommen durchzusetzen.
Rohstoffübergreifend Wirkungen erzielen
Mehr als 400 Millionen Menschen leben vom Anbau von Agrarrohstoffen wie Kaffee, Kakao, Bananen, Palmöl oder Baumwolle. Der Anbau dieser Rohwaren erfolgt zumeist in kleinbäuerlichen Strukturen.Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sind somit die Basis für eine gesicherte, nachhaltige Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln. Allerdings sind Armut, Kinderarbeit, Umweltprobleme und veraltete Anbaumethoden nach wie vor große Herausforderungen beim Anbau von Agrarrohstoffen.
In den letzten Jahren wurden verschiedene rohstoffspezifische Multi-Akteurs-Partnerschaften (MAP) gegründet, um Agrarlieferketten nachhaltiger zu gestalten. Zahlreiche Unternehmen sind Mitglieder der relevanten MAP-Plattformen und investieren darüber hinaus in eigene Nachhaltigkeitsprogramme. Auch die Zertifizierung durch freiwillige Nachhaltigkeitsstandards leistet einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von nachhaltigen Agrarlieferketten.
Dennoch sind niedrige Löhne und Einkommen sowie Entwaldung weiterhin ein Problem. Ein gemeinsamer Ansatz aller Akteure, über die Grenzen der jeweiligen Lieferketten hinweg, verspricht mehr Wirkung. Die INA arbeitet unabhängig von einzelnen Rohstoffen. Sie setzt auf die Entwicklung nachhaltiger Regionen, in denen ein rohstoffübergreifender Ansatz zum Tragen kommt.
Expertise zu Agrarrohstoffen
Die INA verfügt über langjährige Expertise zu einzelnen Rohstoffen, wie Kaffee, Kakao, Banane, Palmöl oder Naturkautschuk. Darüber hinaus, bietet sie durch ihre rohstoffübergreifende Ausrichtung aber auch Fachwissen zu diversen Querschnittsthemen. Darunter entwaldungsfreie Lieferketten, existenzsichernde Einkommen und Digitalisierung.
Durch den engen Austausch mit rohstoffspezifischen Multi-Akteurs-Partnerschaften, wie dem Forum nachhaltiger Kakao oder dem Forum nachhaltiges Palmöl, schafft die INA Synergien, um Entwaldung und niedrige Löhne und Einkommen effektiv zu bekämpfen.
Engagement und Wissensgemeinschaft
Als Multi-Akteurs-Partnerschaft nimmt die INA für ihre Stakeholder*innen mehrere Funktionen ein. Sie ist zugleich Wissensgemeinschaft und Netzwerk. Dazu bietet sie verschiedene Formate, von den INA-Werkstätten (fachbezogene Workshops) über einen Podcast, bis hin zu regelmäßigen Newslettern. In all diesen Formaten, werden aktuelle Sachverhalte mit Bezug zu nachhaltigen Lieferketten praxisorientiert aufbereitet und dem INA-Netzwerk bereitgestellt. Neben der Zusammenarbeit mit privat- und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen nutzt die INA ihre Expertise auch zur Kommunikation an Verbraucher*innen. Über Social-Media Kanäle und Kampagnen mit Influencer*innen sensibilisiert und informiert die INA zu Themen rund um den nachhaltigen Konsum.
Unterstützungsangebot vor dem Hintergrund des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes
Im Zuge der Verabschiedung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes plant die INA ein breit gefächertes Unterstützungsangebot für interessierte Akteur*innen. Dazu gehört eine Veranstaltungsreihe in der verschiedene Werkzeuge und Ressourcen vorgestellt werden, die Unternehmen bei der Erfüllung ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten unterstützen. Die Reihe findet im einstündigen lunch-break Format an jedem ersten Freitag des Monats statt. Sie geht dabei über die Gesetzgebung in Deutschland hinaus und antizipiert mögliche weitere Bestimmungen auf internationaler und EU-Ebene, die zusätzliche Anforderungen nach sich ziehen könnten. Außerdem setzt sie den Fokus auf Agrar- und Ernährungswirtschaft. Zusätzlich soll es auch Webinare für Partner*innen in Partnerländern geben, die auf die Bedeutung legislativer Massnahmen für den Ursprung der Agrarlieferketten eingehen.
Aufbau lokaler Allianzen
Über diese Formate hinaus unterstützt die INA über ihr Netzwerk die Bildung lokaler Allianzen und Kooperationen. Seit der Gründung sind dadurch zahlreiche Projekte entstanden. In Ruanda arbeitet die INA beispielsweise an der Digitalisierung der Lieferkette eines Spezialitätenkaffees, der allein von ruandischen Frauen angebaut wird. Dabei kommt die quelloffene Blockchain-Lösung "INATrace" zum Einsatz, über die der Kaffee lückenlos zu den Produzent*innen zurückverfolgt werden kann. Dadurch dass der Kaffee rückverfolgbar ist, steigt das Marktpotenzial und somit der Wert des Produkts erheblich. Das führt dann wiederum zu der Steigerung des Einkommens der Kaffeebäuerinnen.
In einem anderen Projekt “Sustainability and Value Added in Agricultural Supply Chains in Ethiopia” (SUVASE) rückt die INA seit Sommer 2019 Bienenwachs als bisher vernachlässigten Rohstoff in den Fokus. In der Region des Woreda Nono Sale in Äthiopien wird in erster Linie Kaffee angebaut, parallel dazu betreiben viele der Kleinbauernfamilien Bienenzucht, manche von ihnen bauen zudem Gewürze an. Durch die offene und engagierte Zusammenarbeit von relevanten Wachsunternehmen und Kaffeeunternehmen in der INA sollen nun neue Absatzmärkte geschaffen werden. Die Kleinbauernfamilien können so ihr Einkommen aus dem Verkauf verschiedener Rohstoffe gestalten.
Weiter Erfolgsgeschichten sind auf der Website der INA (www.nachhaltige-agrarlieferketten.org) zu finden. Die INA arbeitet ohne formale Mitgliedschaft und ist stets offen für interessierte Akteure, die sich rohstoffübergreifend gemeinsam engagieren möchten. Nehmen Sie gern Kontakt auf: ina@giz.de
Partnerschaften 2030
Das BMZ bietet über das Projekt Partnerschaften 2030 Informationen, Trainings und Beratung rund um partnerschaftliche Zusammenarbeit an. In einer Multi-Akteurs-Partnerschaft (MAP) kooperieren Akteure aus mindestens drei unterschiedlichen Bereichen – Staat, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft - in organisierter und langfristiger Form auf Augenhöhe um gemeinsame Ziele zu erreichen. Die zuvor genannten Initiativen aus den Bereichen Textil und Agrar sind Beispiele solcher MAP.
Weitere Beispiele, Ideen und Unterstützungsangebote sind auf der Website der Partnerschaften2030 abrufbar.