Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten in der Praxis
Im Multi-Stakeholder-Prozess wurden Handlungsanleitungen zur Integration von Anforderungen an Sorgfaltspflichten in betriebliche Managementprozesse erarbeitet. Innerhalb einer Arbeitsgruppe "Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten in der Praxis" beteiligen sich alle Mitglieder des Branchendialogs an einem Wissens- und Erfahrungsaustausch zu guter Praxis und Herausforderungen bei der Umsetzung von Sorgfaltspflichten in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten. Die gemeinsame Aufarbeitung von Fallbeispielen und Lernerfahrungen wird von einer wissenschaftlichen Begleitstudie flankiert. Darüber werden in der Arbeitsgruppe zwei weitere Themenschwerpunkte bearbeitet:
Themenschwerpunkt Sorgfaltspflichten in politisch sensiblen Kontexten
Unternehmen sind zum Teil mit Situationen in ihren Wertschöpfungsketten befasst, in denen Staaten ihrer Pflicht zum Schutz der Menschenrechte nicht ausreichend nachkommen oder selbst Menschenrechte verletzen. Mitunter besteht ein Spannungsfeld zwischen wirtschaftlich bedeutsamen Beziehungen und potenziellen Verstößen gegen Menschenreche. Ziel des Themenschwerpunktes ist eine ergebnisorientierte Zusammenarbeit, die auf einem Informations- und Erfahrungsaustausch zu Fällen aus der betrieblichen Praxis aufbaut.
Themenschwerpunkt Wirksamkeitsindikatoren und Prozessvorschlag
Die Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten ist ein fortwährender Prozess, den es als Unternehmen regelmäßig zu überprüfen und zu verbessern gilt. Innerhalb des Themenschwerpunktes wurde durch einen Dienstleister eine Praxisanleitung “Wirksamkeit bei Präventions- und Abhilfemaßnahmen” veröffentlicht.
Die Praxisanleitung ist unter folgendem Link abrufbar:
Praxisanleitung für Präventions- und Abhilfemaßnahmen [PDF, 1MB]Achtung der Menschenrechte in Rohstoffwertschöpfungsketten und -Liefernetzwerken
Rohstofflieferketten sind für die Automobilindustrie mit erheblichen menschenrechtlichen, sozialen und ökologischen Risiken verbunden. Die Lieferketten sind häufig komplex und umfassen viele Sublieferanten mit einigen sehr großen Unternehmen an wichtigen Schlüsselstellen. Beides verringert mitunter das Einflussvermögen einzelner Unternehmen und somit die Wirksamkeit von individuellen Maßnahmen. Ein gemeinsames Auftreten in der Lieferkette steigert die Möglichkeiten, weitreichende Veränderungen in der Lieferkette und somit auch für potenziell Betroffene zu erreichen.
Im Fokus des Branchendialogs stehen die beiden Rohstoffe Kupfer und Lithium. Verantwortungsvoller Kupfer- und Lithium-Abbau sind u.a. wichtig für eine nachhaltige Dekarbonisierung der deutschen Automobilindustrie und somit für deren langfristige Wettbewerbsfähigkeit. Nachfrageprognosen erwarten etwa eine 18-fache Steigerung des Bedarfs an Lithium und eine zehnfache Steigerung des Bedarfs an Kupfer durch eine umfassende Umstellung auf Elektroantriebe.
Pilotprojekt Kupfer: Nutzen und Grenzen von Zertifizierungen als Teil menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten am Beispiel der Kupfer-Lieferkette
Das Projekt verfolgt das Ziel, Unternehmen dabei zu unterstützen Nachhaltigkeitszertifizierungen angemessen in die Prozesse der eigenen Sorgfaltspflicht zu integrieren und notwendige ergänzende Maßnahmen zu ermitteln. Dies erfolgt am Beispiel der Kupfer-Lieferkette durch die Entwicklung und Anwendung eines Analyserasters zur Einschätzung von Zertifizierungen im Hinblick auf ihren Beitrag zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten. Im Dialog mit zwei ausgewählten Standardinitiativen und Kupfer-Bergbauunternehmen werden weitere gemeinsame Handlungsfelder identifiziert. Am Ende des Prozesses steht eine praxisorientierte Entscheidungshilfe für Unternehmen zur angemessenen Verwendung zertifizierter Rohstofflieferketten als Präventionsmaßnahme.
Pilotprojekt Lithium: Verbreitung und Bekanntmachung länderübergeordneter Qualitäts- und Handlungsempfehlungen für einen verantwortungsvollen Lithiumabbau
Das Projekt verfolgt das Ziel, gemeinsam erarbeitete länderübergeordnete Qualitäts- und Handlungsempfehlungen im Austausch mit externen Akteuren bekannt zu machen und zu verbreiten. Ein Erfahrungsaustausch im Branchendialog begleitet die Einforderung der Umsetzung der Empfehlungen durch die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie. Über den Dialog mit externen Stakeholdern - insbesondere Unternehmen der Lithium-Lieferkette sowie staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren der Abbauregionen – wird für die Qualitätsempfehlungen geworben, ausgewählte inhaltliche Aspekte vertieft und Einfluss aufgebaut.
Die Erarbeitung der länderübergeordneten Qualitäts- und Handlungsempfehlungen für einen verantwortungsvollen Lithiumabbau erfolgt in einem zweistufigen Prozess. Zunächst wird eine erste Arbeitsfassung (Version 0) für den Dialog mit externen Stakeholdern veröffentlicht. Die Veröffentlichung einer finalen Version und eine gemeinsame, öffentliche Positionierung des Branchendialog Automobilindustrie und der beteiligten Mitglieder ist für 2023 geplant.
Eine erste Arbeitsfassung (Version 0) ist unter folgendem Link in deutscher und englischer Sprache abrufbar:
Einrichtung eines unternehmensübergreifenden Beschwerdemechanismus
Beschwerdemechanismen helfen Unternehmen dabei, nachteilige menschenrechtliche Auswirkungen frühzeitig zu identifizieren, angemessene Maßnahmen zu ergreifen und Abhilfe für Betroffene zu gewährleisten. Der Aufbau eines effektiven Beschwerdemechanismus ist daher Teil der individuellen Verantwortung aller Unternehmen. In der Praxis ist dieses Kernelement für viele Unternehmen mit besonderen Herausforderungen verbunden. Ein unternehmensübergreifender Mechanismus bietet das Potenzial, Ressourcen zu bündeln, als Frühwarnsystem zu dienen und einen effektiven Zugang für Betroffene sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund wurde im Branchendialog ein Konzept für einen unternehmensübergreifenden Beschwerdemechanismus am Beispiel Mexikos entwickelt, da hier viele Unternehmen der deutschen Automobilindustrie vertreten sind und besondere menschenrechtliche Risiken identifiziert wurden.
Pilotprojekt: Aufbau und Pilotierung eines unternehmensübergreifenden Beschwerdemechanismus in der Automobilindustrie in Mexiko
Das Projekt verfolgt das Ziel, einen effektiven unternehmensübergreifenden Beschwerdemechanismus (UBM) aufzubauen, der in Mexiko pilotiert wird. Der UBM steht ergänzend zu den betriebseigenen Beschwerdemechanismen und soll helfen, Schutz- und Rechenschaftslücken zu schließen. Dabei nimmt der UBM die gesamte vorgelagerte Wertschöpfungskette der beteiligten Unternehmen in Mexiko in den Blick. Zudem sollen durch die Pilotierung in Mexiko Erkenntnisse zur Weiterentwicklung von betriebseigenen und übergreifenden Beschwerdemechanismen generiert werden.
Der Branchendialog Automobilindustrie wird durch die Kanzlei BUNTSCHECK kartellrechtlich begleitet. Die Kanzlei unternahm eine kartellrechtliche Prüfung des Vorhabens, das den Aufbau eines unternehmensübergreifenden Beschwerdemechanismus der Automobilindustrie in Mexiko vorsieht. Die Kanzlei kam zu dem Ergebnis, dass der Aufbau des UBM durch den Branchendialog kartellrechtlich unbedenklich ist.
Das kartellrechtliche Memorandum ist unter folgendem Link abrufbar:
Kartellrechtliche Bewertung des unternehmensübergreifenden Beschwerdemechanismus der Automobilindustrie [PDF, 284KB]